Mehrere Jahre in Folge konnten die Innenminister von Bund und Ländern den Bürgern gute Nachrichten überbringen: Ausweislich der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) war die Kriminalitätsbelastung seit 2015 auf vielen Deliktfeldern rückläufig.

Freilich ging diese Feststellung nicht immer mit einer Verbesserung des subjektiven Sicherheitsgefühls einher.

Denn so überschaubar der Anteil der Gewaltdelikte im öffentlichen Raum an der Gesamtzahl der erfassten Straftaten auch ist: Schon vor 2020 war unübersehbar, dass vor allem die Zahl der tatverdächtigen Kinder und Jugendlichen im Steigen begriffen war.

Dieser Trend scheint sich seit dem Ende der coronabedingten Einschränkungen des öffentlichen Lebens verstärkt zu haben – was gerne mit Nachholeffekten erklärt wird.

Doch soll es wirklich ein Naturgesetz sein, die Erfahrung von Normüberschreitungen in der eigenen Biographie nicht missen zu können? Ähnlich verständnisheischend kommt der zweite Teil der Erklärung des Anstiegs daher: Dass der Anteil tatverdächtiger nichtdeutscher Kinder und Jugendlicher rapide gestiegen ist, wird mit Migrationserfahrung und Armut in Verbindung gebracht.

Was aber ist mit tatverdächtigen Minderjährigen mit Migrationshintergrund, die deutsche Staatsbürger sind? Diese oft auf lokaler Ebene übersehbare Gewaltdynamik wird in der PKS nicht abgebildet.

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Aber sie könnte ein Teil der Erklärung dafür sein, dass der Anteil deutscher und nichtdeutscher Tatverdächtiger bezogen auf den jeweiligen Anteil an der Bevölkerung eher gleich groß als gleich klein ist.

Nun aber die Rassismuskeule zu schwingen und „Ausländer raus“ zu brüllen ist genauso kurzsichtig, wie mit dem Rassismusvorwurf im Mund einem Weiter-so in Sachen „Ausländer rein“ das Wort zu reden. Viel gewonnen wäre schon, würden die Probleme beim Namen genannt und würde deren Deutung nicht unter den Vorbehalt des politisch Erwünschten gestellt. Dann könnten auch gezielt Präventions- und Interventionsstrategien entwickelt werden.

QOSHE - Eine besorgniserregende Entwicklung - Daniel Deckers
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Eine besorgniserregende Entwicklung

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07.04.2024

Mehrere Jahre in Folge konnten die Innenminister von Bund und Ländern den Bürgern gute Nachrichten überbringen: Ausweislich der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) war die Kriminalitätsbelastung seit 2015 auf vielen Deliktfeldern rückläufig.

Freilich ging diese Feststellung nicht immer mit einer Verbesserung des subjektiven Sicherheitsgefühls einher.

Denn so überschaubar der Anteil der Gewaltdelikte im öffentlichen Raum an der Gesamtzahl der erfassten Straftaten auch ist: Schon vor 2020 war unübersehbar, dass vor allem die Zahl der........

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