Es ist eine Binse, dass die Väter und Mütter des Grundgesetzes ganz bewusst hohe prozedurale Hürden für den Fall errichteten, dass eine Regierungskoalition vorzeitig zerbrechen und womöglich der Bundestag neu gewählt werden sollte. Zum einen sollten Parteien nach den leidvollen Erfahrungen mit de­struktiven Misstrauensvoten niemals wieder die Macht haben, einen Kanzler zu stürzen, ohne selbst eine neue Mehrheit zusammenbringen zu müssen.

Zum anderen kann ein Kanzler das Parlament mittels der Vertrauensfrage zwingen, über den Fortbestand der Regierung zu befinden. Für rechtlich unklare Verhältnisse gibt es theoretisch keinen Raum.

Das alles weiß der bayerische Ministerpräsident Söder nicht weniger als der Bundeskanzler – was den CSU-Mann nicht davon abhält, aus den offenkundigen politisch unklaren Verhältnissen in Berlin die Forderung nach einer Neuwahl des Parlaments abzuleiten.

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Etwa per unechter Vertrauensfrage? Selbstmord aus Angst vor dem Tod – das wäre in der Tat eine neue Wendung deutscher Demokratiegeschichte.

Bleibt das Instrument des konstruktiven Misstrauensvotums. Friedrich Merz wird wohl kaum Grüne und FDP hinter sich bringen. Die SPD aber müsste, um an der Regierung zu bleiben, ihren Kanzler stürzen. Oder Scholz sich zurückziehen. Beides ebenfalls nicht unmöglich, aber recht unwahrscheinlich – noch.

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Hohe Hürden für Söders Phantasien

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26.12.2023

Es ist eine Binse, dass die Väter und Mütter des Grundgesetzes ganz bewusst hohe prozedurale Hürden für den Fall errichteten, dass eine Regierungskoalition vorzeitig zerbrechen und womöglich der Bundestag neu gewählt werden sollte. Zum einen sollten Parteien nach den leidvollen Erfahrungen mit de­struktiven Misstrauensvoten niemals wieder die Macht haben, einen Kanzler zu stürzen, ohne selbst eine neue........

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