Theodor Weimer hat in seiner bald zu Ende gehenden Amtszeit als Vorstandsvorsitzender der Deutschen Börse sehr deutlich gemacht, was die Börse leistet und kann und auch, was sie nicht ist. So fällt in seine Amtszeit der Angriff Russlands auf die Ukraine. Hier hat die Börse als Betreiber der Energiebörse EEX gezeigt, wie auch in turbulentesten Zeiten Strom- und Gaspreise ermittelt, Absicherungsgeschäfte ermöglicht und ausreichend Sicherheiten hinterlegt und gemanagt werden konnten.
In die Amtszeit fällt der Corona-Ausbruch, der im März 2020 ein globales Kursbeben auslöste. Die Börse hat nicht nur jederzeit einen geordneten und regulierten Handel ermöglicht, sondern in kurzer Zeit auch ein vielfach höheres Maß an Sicherheiten von den großen Marktteilnehmern gefordert und verwaltet, um im Falle einer Krisenverschärfung und des Ausfalls einzelner Marktteilnehmer den Schaden begrenzen und eine Systemkrise verhindern zu können.
In seine Amtszeit fällt auch eine der merklichsten Zinswenden der Geschichte ausgehend von historischen Minuszinsen. Die Börse hat hier allen Marktteilnehmern jederzeit Absicherungsgeschäfte ermöglicht, um sich an die neue Zinswelt anpassen zu können. Sie wickelt geordnet Handelstransaktionen ab, sie steht als Mittler zwischen Käufer und Verkäufer, garantiert für Ausfälle einer Seite, verwahrt Vermögenswerte in Billionenhöhe, kurz gesagt, sie hält das Finanzsystem in Europa am Laufen.
Die Deutsche Börse lässt sich das gut bezahlen, profitiert von teils monopolistischen Strukturen und operiert mit Gewinnmargen von mehr als 50 Prozent. Das alles ist aber nicht gottgegeben. Das Verdienst Theodor Weimers ist es, die wichtige Rolle der Börse für die Volkswirtschaft und das Finanzsystem deutlich gemacht und gestärkt zu haben. Die Börse ist längst nicht mehr so abhängig wie früher vom Auf und Ab der Kurse. Sie ist weiter denn je davon entfernt, eine Zockerbude zu sein. Mit dem Aktienhandel macht sie keine 6 Prozent ihrer Umsätze, mit Kryptowährungen noch viel weniger.
Weimer hat die Deutsche Börse breiter aufgestellt als Dienstleister für Fondsgesellschaften und Vermögensverwalter, als Anbieter von Daten, Indizes und Nachhaltigkeitskennziffern. An den regelmäßig gescheiterten Megabörsenfusionen hat er sich gar nicht erst versucht, stattdessen viele kleinere Schritte gemacht. Dies hat nicht sprunghaft in neue Welten geführt, wurde aber in seiner Beharrlichkeit und Verlässlichkeit von den Investoren sehr geschätzt. Der Aktienkursverlauf spricht da eine sehr klare Sprache.
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Weimer hat zudem gezeigt, dass dies geht, ohne permanent auf der Kostenbremse zu stehen. Er rät dazu, lieber über Wachstum als über Kosten zu reden, über Lösungen anstatt über Probleme. Er hat bewiesen, dass dies keine Phrasen sind, und neben den Aktionären profitierten auch die wachsende Belegschaft und der Ruf des Unternehmens. Große Fußstapfen warten, aber auch ein sehr gut bestelltes Feld.