Das Geldvermögen der Deutschen lag im Herbst 300 Milliarden Euro höher als im Vorjahr. Grund für Jubel? Ja, denn die Aktien- und Anleihemärkte warfen wieder gute Renditen ab. Es gibt aber einen dicken Wermutstropfen. Die Gesamtrendite der deutschen Geldvermögen wird auch 2023 tiefrot sein. In absoluten Zahlen wird das Vermögen mehr, doch die Inflation frisst das schöne Plus mehr als auf. 2022 schwand die Kaufkraft des Ersparten nach Bundesbank-Zahlen um 7 Prozent – trotz gestiegener Zinsen. 2023 waren es dann noch rund 3 Prozent Minus. In absoluten Zahlen sind das 200 Milliarden Euro Verlust 2023 und mehr als 400 Milliarden Euro Verlust 2022, also mehr als Peanuts.

Wer sich darauf zurückzieht, der Spuk der Inflation werde schon bald vorbei sein und alles sei wieder gut, begeht einen teuren Fehler. Die miese Entwicklung der Vermögen hat strukturelle Gründe. Sie liegen in einem tiefen Misstrauen in weiten Teilen von Politik und Bevölkerung gegenüber dem Kapitalmarkt. Auch gegenüber Banken. Das ist teilweise selbstverschuldet. Die Finanzkrise, das Debakel um den Telekom-Börsengang, die Lehman-Insolvenz, der Wirecard-Skandal und Greensill haben zudem viele Vorurteile bestätigt. Dies sind aber Ausnahmefälle, nicht die Regel.

Der Dax hat im Dezember neue Rekordhochs erklommen, Anleihen liefern wieder ordentliche Renditen und die Zinswende ermöglicht Habenzinsen von 4 Prozent auf täglich verfügbares Geld. Aber nur für diejenigen, die bereit sind, ein wenig Zeit für das Thema Geld aufzubringen. Die Banken und Sparkassen wissen um die Trägheit der Kunden. Viele lassen die Zinsen nahe Null, wissend, dass es ihren Kunden zu mühsam ist, sich nach anderen Angeboten umzuschauen und das Geld woanders hin zu tragen.

Wer ein bisschen Zeit für das Thema Geld aufbringt, findet in Deutschland mit die attraktivsten Bedingungen auf der Welt. Geldanlage ist dank Onlinebanken und Neobrokern so komfortabel und günstig möglich für Privatanleger wie nie zuvor. Die Kosten sind in Deutschland dank regem Wettbewerb sehr viel niedriger als in den meisten anderen Ländern und es gibt gute Angebote zuhauf.

Mehr zum Thema

1/

Inflation höher als Rendite : Wie sich Milliardenverluste der deutschen Sparer vermeiden ließen

Geldanlage für den Nachwuchs : „Wie spare ich am besten für meine Enkelin?“

MSCI World & Co. : Haben Sie noch den richtigen ETF?

Zu vergleichbaren Risiken ist viel mehr Zins für die Sparer drin – oft sogar bei der eigenen Bank, nur eben nur für Neukunden. Aber niemand ist gezwungen, ewig Altkunde zu bleiben. Die Einlagensicherung gilt auch für andere Banken. Und Geldmarktfonds sind sogar als Sondervermögen unbegrenzt geschützt und einige zahlen derzeit knapp 4 Prozent Zins, gekoppelt an den EZB-Zins. Mehr Sicherheit ist kaum vorstellbar. Doch was der Sparer nicht kennt, meidet er. Das ist oft sinnvoll, wenn windige Berater hohe Renditen ohne Risiko versprechen. In einem Zinsumfeld, in dem die Zentralbank 4 Prozent auf Einlagen zahlt, ist aber jeder Zins deutlich darunter verschenktes Geld an die Banken.

QOSHE - Mehr Zeit fürs Geld nehmen - Daniel Mohr
menu_open
Columnists Actual . Favourites . Archive
We use cookies to provide some features and experiences in QOSHE

More information  .  Close
Aa Aa Aa
- A +

Mehr Zeit fürs Geld nehmen

7 0
19.01.2024

Das Geldvermögen der Deutschen lag im Herbst 300 Milliarden Euro höher als im Vorjahr. Grund für Jubel? Ja, denn die Aktien- und Anleihemärkte warfen wieder gute Renditen ab. Es gibt aber einen dicken Wermutstropfen. Die Gesamtrendite der deutschen Geldvermögen wird auch 2023 tiefrot sein. In absoluten Zahlen wird das Vermögen mehr, doch die Inflation frisst das schöne Plus mehr als auf. 2022 schwand die Kaufkraft des Ersparten nach Bundesbank-Zahlen um 7 Prozent – trotz gestiegener Zinsen. 2023 waren es dann noch rund 3 Prozent Minus. In absoluten Zahlen sind das 200 Milliarden Euro Verlust 2023 und mehr als 400 Milliarden Euro Verlust 2022, also mehr als Peanuts.

Wer sich darauf zurückzieht, der Spuk der Inflation werde schon bald vorbei sein und alles sei........

© Frankfurter Allgemeine


Get it on Google Play