Es ist gerade einmal sieben Jahre her, dass die Europäische Kommission in Frankfurt für einen Paukenschlag sorgte. Ende März 2017 wurde der Zusammenschluss der Deutschen Börse mit dem Londoner Konkurrenten London Stock Exchange untersagt. Zuvor hatte man am Finanzplatz monatelang befürchtet, dass künftig die Geschicke der Börse, die als Nukleus der Bankenstadt gilt, von London aus gesteuert werden könnten. Schon fünf Jahre zuvor war der Versuch gescheitert, Frankfurt mit der New Yorker Börse NYSE zu fusionieren.

Das Streben nach Größe ist Börsen immanent, es ist Teil ihrer Logik, weil sie von Skaleneffekten profitieren, die entstehen, wenn ein Handelssystem einmal etabliert ist und dann wächst. Doch im Gegensatz zu seinen Vorgängern hat Börse-Chef Theodor Weimer seit seinem Amtsantritt Anfang 2018 in Frankfurt nicht den großen Wurf versucht, sondern das geliefert, was er seinerzeit versprochen hatte: solide Hausmannskost.

Das klingt erst einmal nach weniger Anspruch, doch das Gegenteil ist der Fall. Weimer hat die großen Pläne seiner Vorgänger begraben und den Dax-Konzern statt mit einer schillernden Fusion mit kleineren, gezielten Ideen weiterentwickelt, die darauf setzen, mehr Geschäft außerhalb des klassischen Börsenalltags zu generieren, zum Beispiel mit Daten. Die Börse hat unter Weimer durch Zukäufe jenes internationale Wachstum erzielt, das die Vorgänger mithilfe von Fusionen angestrebt hatten, die in Frankfurt politisch und gesellschaftlich nicht durchsetzbar waren.

Das Ergebnis nach sechs Jahren unter Theodor Weimer kann sich sehen lassen, wie die Zahlen belegen, die der Dax-Konzern nun vorgelegt hat. Die Deutsche Börse hat dank der Zukäufe, aber auch dank hoher Zinsen so viel verdient wie noch nie. Zudem spielten dem Börsenbetreiber die regen Handelsaktivitäten an den Märkten in die Karten. Auch für 2024 rechnet das Unternehmen mit einer Fortsetzung der Wachstumsstory der vergangenen Jahre.

Damit dürfte Weimer Ende des Jahres mit seinem angekündigten Abschied ein Haus hinterlassen, das kerngesund und auch für die Zukunft offenbar gut aufgestellt ist. Das sind gute Nachrichten, auch für den Wirtschaftsstandort Frankfurt, wo die Börse ein attraktiver, verlässlicher Arbeitgeber und als konstituierendes Element des Finanzplatzes zudem ein enorm wichtiger Imageträger ist.

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Wie die Deutsche Börse auch ohne Großfusion Erfolg hat

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08.02.2024

Es ist gerade einmal sieben Jahre her, dass die Europäische Kommission in Frankfurt für einen Paukenschlag sorgte. Ende März 2017 wurde der Zusammenschluss der Deutschen Börse mit dem Londoner Konkurrenten London Stock Exchange untersagt. Zuvor hatte man am Finanzplatz monatelang befürchtet, dass künftig die Geschicke der Börse, die als Nukleus der Bankenstadt gilt, von London aus gesteuert werden könnten. Schon fünf Jahre zuvor war der Versuch gescheitert, Frankfurt mit der New Yorker Börse NYSE zu fusionieren.

Das Streben nach Größe ist Börsen immanent, es ist Teil ihrer Logik, weil sie von Skaleneffekten profitieren,........

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