Manchmal verändern sich die Dinge auch an jenen Standorten in einem hohen Tempo, an denen es in den Bundesligaerzählungen etwas beschaulicher – manche sagen: vernünftiger – zugeht.

Am 22. Spieltag schwebten Thomas Letsch und alle Bochumer nach einem 3:2-Sieg über den FC Bayern im Himmel, jetzt ist die 28. Partie absolviert, und der 55 Jahre alte Schwabe ist beurlaubt worden. Einem Verein wie dem VfL, der sich gerne als vergleichsweise unabhängig von Dynamiken des modernen Kommerzfußballs präsentiert, schadet dieser Vorgang, zumindest seinem Image.

Die Entscheidung wirkt überstürzt. Schließlich steht der VfL nach 28 Spieltagen drei Punkte vor dem 16. Tabellenplatz. Zu Saisonbeginn hätten vermutlich alle Beteiligten zu so einem Szenario gesagt: Bestens! Viel mehr gibt der Kader nicht her.

Und ohne die 100 Sekunden am vergangenen Samstag in Köln, als zwei Treffer des FC in der Nachspielzeit den virtuellen Vorsprung auf Rang 17 von zehn auf vier Punkte zusammenschrumpfen ließen, wäre Letsch vermutlich noch im Amt beim VfL. Man habe „nicht mehr die Überzeugung, es in der bisherigen Konstellation zu schaffen“, lautete die dürre Begründung von Sport-Geschäftsführer Patrick Fabian.

Der einzig schlüssige Grund für eine nachvollziehbare Trennung wären ernste Konflikte mit dem Team. Die scheint es nicht zu geben. Denn Kapitän Losilla erwiderte am Sonntag auf die Frage, ob die Mannschaft hinter Letsch stehe: „Na klar!“

Die Hauptverantwortung für die Serie mit nur einem Punkt aus sechs Partien liege bei den Profis. Das verleiht der Trennung den Anschein einer Panikaktion. Zumal der Klub den Vertrag mit Letsch im November verlängert hatte, als die Bochumer in der Tabelle auch nicht besser standen als am Montag.

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Als Favorit auf die Nachfolge gilt – allen Überlegungen zu Stefan Kuntz und Urs Fischer zum Trotz – Peter Stöger. Der neue Coach wird zu einem Verein kommen, in dem angeblich bodenständiger „Castroper Straßenfußball“ gespielt wird. Nur bekommt ein Trainer nicht mehr Rückendeckung als in anderen Klubs.

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Bochumer Panikattacke

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08.04.2024

Manchmal verändern sich die Dinge auch an jenen Standorten in einem hohen Tempo, an denen es in den Bundesligaerzählungen etwas beschaulicher – manche sagen: vernünftiger – zugeht.

Am 22. Spieltag schwebten Thomas Letsch und alle Bochumer nach einem 3:2-Sieg über den FC Bayern im Himmel, jetzt ist die 28. Partie absolviert, und der 55 Jahre alte Schwabe ist beurlaubt worden. Einem Verein wie dem VfL, der sich gerne als vergleichsweise unabhängig von Dynamiken des modernen Kommerzfußballs präsentiert, schadet dieser Vorgang, zumindest seinem........

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