Die CDU plant einige Änderungen an der Grundsicherung für Ar­beitssuchende („Bürgergeld“) für den Fall, dass sie wieder Re­gie­rungs­ver­ant­wor­tung trägt. Wer ihre Vorschläge allerdings als „Radikalreform“ qualifiziert, als „Po­pu­­lismus auf Kosten der Betroffenen“ wie die Grünen oder als „Angriff auf den Sozialstaat“ wie die SPD, der hat sie wohl nicht gelesen. Oder er findet alles „radikal“ und „populistisch“, was nicht aus der eigenen Politküche kommt.

Das „Radikalste“ an den CDU-Vorschlägen ist eine Umbenennung mit dem Ziel, die Funktion des Hilfesystems als Grundsicherung wieder stärker zu betonen – als Unterstützung, die Bedürftigkeit voraussetzt und die an Mitwirkung der Bezieher gebunden ist. Wer sich darüber schon empört, bestätigt nur: Der Name „Bürgergeld“, wie ihn die Ampelkoalition eingeführt hat, ist für ihn eben nicht nur gefälliger Ersatz für das frühere „Hartz IV“. Sondern Chiffre für den Weg zu einem bedingungslosen Grundeinkommen.

Tatsächlich sind dies die zentralen Fragen, die neuer Klärung bedürfen: Soll es für Bezieher der Grundsicherung eine Pflicht geben, zur Überwindung ihrer Hilfebedürftigkeit beizutragen? Soll es dann auch Sanktionen geben, falls jemand nicht mitwirkt? Und ist es eine Hilfe für die, die keine anderen finanziellen Mittel haben? Oder sollen doch auch Haushalte mit fünf- bis sechsstelligem Vermögen ein „Bürgergeld“ erhalten, das erwerbstätige Menschen über ihre Steuer bezahlen?

Mehr zum Thema

1/

„Neue Grundsicherung“ : CDU strebt eine „Agenda 2030“ an

Personalmangel im Gastgewerbe : „Wir finden keine Zimmermädchen mehr“

F.A.Z. exklusiv : Die Erfolge im Kampf gegen Kinderarmut

Anlass zur Klärung dieser Grundfragen hat die Ampel durch einen beispiellosen Zickzackkurs gegeben: Erst schaffte sie Sanktionen für Verweigerer ab, dann führte die Koalition sie leicht abgemildert wieder ein; zuletzt drohte sie „Totalverweigerern“ den Wegfall der Geldleistung an, was aber nur befristet gelten soll. Eine Reform der Hinzuverdienstregeln, die Arbeitsaufnahme finanziell lohnender machen soll, bleibt voraussichtlich liegen.

Die CDU betont Mitwirkungspflichten, aber auch die Notwendigkeit, Jobcenter so auszustatten, dass sie gute Hilfe leisten. Es sind Anforderungen an einen friedfertigen Interessenausgleich zwischen Hilfebedürftigen und Steuerzahlern. Wer das als „Angriff auf den Sozialstaat“ einstuft, dem muss man wohl einen „Angriff auf die arbeitende Bevölkerung“ zutrauen.

QOSHE - Für eine Sozialpolitik ohne Kriegsgeschrei - Dietrich Creutzburg, Berlin
menu_open
Columnists Actual . Favourites . Archive
We use cookies to provide some features and experiences in QOSHE

More information  .  Close
Aa Aa Aa
- A +

Für eine Sozialpolitik ohne Kriegsgeschrei

6 0
18.03.2024

Die CDU plant einige Änderungen an der Grundsicherung für Ar­beitssuchende („Bürgergeld“) für den Fall, dass sie wieder Re­gie­rungs­ver­ant­wor­tung trägt. Wer ihre Vorschläge allerdings als „Radikalreform“ qualifiziert, als „Po­pu­­lismus auf Kosten der Betroffenen“ wie die Grünen oder als „Angriff auf den Sozialstaat“ wie die SPD, der hat sie wohl nicht gelesen. Oder er findet alles „radikal“ und „populistisch“, was nicht aus der eigenen Politküche kommt.

Das „Radikalste“ an den CDU-Vorschlägen ist eine Umbenennung mit dem Ziel, die Funktion des Hilfesystems als Grundsicherung........

© Frankfurter Allgemeine


Get it on Google Play