Deutschland hat es noch immer mit einer enormen Herausforderung zu tun, die Integration Hunderttausender aner­kann­ter Flücht­linge (auch) in die Arbeitswelt zu schaffen. Dass es auf diesem Weg in den vergangenen Jahren auch ermutigende Erfolge gegeben hat, steht außer Frage. Aber der Weg ist noch weit, wie schon ein kurzer Blick auf die hohe Zahl erwerbsfähiger Bürgergeldbezieher aus den einschlägigen Fluchtländern zeigt.

Deshalb war es notwendig, dass Bundesregierung und Bundesagentur für Arbeit inzwischen mit ihrer Initiative „Job-Turbo“ die Aufmerksamkeit der Arbeitsmarktpolitik stärker darauf lenken. Viel zu lange wurde in den Debatten über Projekte wie die Bürgergeldreform und die Kindergrundsicherung so getan, als sei das einzig relevante Problem ein angeblich nicht menschenwürdiger Umgang des Sozialstaats mit Transferbeziehern – auf das mit Abschaffung von Sanktionen und höheren Geldleistungen zu reagieren sei.

Darüber geriet die Frage viel zu lange in den Hintergrund, wie man einer großen Zahl von Menschen mit zunächst geringen Deutschkenntnissen und ohne hierzulande anerkannte Berufsqualifikation möglichst schnell und wirksam einen Weg weist, ihren Lebensunterhalt durch eigene Arbeit zu bestreiten. Es ist deshalb ein wichtiger Fortschritt, dass das Prinzip des Förderns und Forderns nun gerade unter diesen Vorzeichen eine Neubelebung erfahren hat.

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Weniger klar ist bisher aber, ob auch schon die Einsicht reift, dass Integration in Arbeit nicht nur von solchen Konzepten und Programmen abhängt – sondern zu allererst von der allgemeinen Lage auf dem Arbeitsmarkt. Vor diesem Hintergrund kann man nur als Alarmzeichen verstehen, was Andrea Nahles, Vorstandsvorsitzende der Bundesagentur, über dessen Entwicklung sagt: Für Arbeitslose sei es kaum jemals so schwer gewesen wie heute, in Arbeit einzusteigen. Wenn Unternehmen aus Verunsicherung über ihre wirtschaftliche Zukunft oder wegen Lähmung durch Bürokratie weniger Arbeitsplätze anbieten, hilft dagegen kein Förder­pro­gramm aus dem sozialpolitischen Labor. Es hilft nur eine Wende hin zu einer angebotsorientierten Wirtschaftspolitik.

QOSHE - Vertane Integrationschancen - Dietrich Creutzburg, Berlin
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Vertane Integrationschancen

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29.03.2024

Deutschland hat es noch immer mit einer enormen Herausforderung zu tun, die Integration Hunderttausender aner­kann­ter Flücht­linge (auch) in die Arbeitswelt zu schaffen. Dass es auf diesem Weg in den vergangenen Jahren auch ermutigende Erfolge gegeben hat, steht außer Frage. Aber der Weg ist noch weit, wie schon ein kurzer Blick auf die hohe Zahl erwerbsfähiger Bürgergeldbezieher aus den einschlägigen Fluchtländern zeigt.

Deshalb war es notwendig, dass Bundesregierung und Bundesagentur für Arbeit inzwischen mit ihrer Initiative „Job-Turbo“ die Aufmerksamkeit der Arbeitsmarktpolitik stärker darauf........

© Frankfurter Allgemeine


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