Wenn Intendanten ihre Amtszeit beenden, ist großer Bahnhof. Vor allem bei jenen, die noch ein traditionelles Berufsbild pflegen. Auch Uwe Eric Laufenberg hatte in seiner Abschiedssaison eine Art Festspiel geplant, mit lauter letzten Werken, etliche von ihm inszeniert oder – wie Prospero in Shakespeares „Sturm“ – gespielt. Nun hat es statt eines großen Abgangs ein schnelles Ende gegeben.

Dass es so gekommen ist, liegt letztlich in der Hand des Intendanten, der sich immer als Künstler sah. Er sei Intendant um der Kunst willen, hatte Laufenberg öfter gesagt. Dieser Kunst ist er in den vergangenen Monaten ein schlechter Diener gewesen. Seit seinen „Corona-Diskursen“ und der umstrittenen Einladung an Anna Netrebko, zuletzt dann mit der Ankündigung, die Texte eines ihm missliebigen Journalisten öffentlich zu lesen, hatte sich Laufenberg zunehmend in die Rolle eines Verteidigers der Kunstfreiheit hineingesteigert, die Befremden selbst bei jenen ausgelöst hat, die seine Begeisterung schätzten.

Allerdings dürfte Laufenberg nicht allein an dem abrupten Ende schuld sein. Skandale pflasterten seinen Weg, doch ist in jüngster Zeit eine solche Menge von Verwerfungen aufgelaufen, die viele Beteiligte schlecht dastehen lässt. Die Mittel von Unternehmensberatungen und Coaches sowie Dienstanweisungen, zu denen das Kunstministerium unter Angela Dorn (Die Grünen) gegriffen hat, waren offenbar nicht hilfreich. Nun ist der Intendant weg, aber ein großer Teil der Mitarbeiter, die unter den Verhältnissen gelitten haben, bleibt.

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Das Prinzip der Doppelspitze aus Intendant und Geschäftsführer, das viele Theater prägt und das manche zynisch als das zweier einander belauernder Hunde beschreiben, die so für ein Gleichgewicht sorgen, hat in diesem Fall nicht funktioniert. Am besten läuft es, wo Einvernehmen und Teamgeist herrschen, auch zwischen den Zahlen und der Kunst.

Der neue Minister Timon Gremmels (SPD) wird sich an einen echten Neuanfang machen müssen. Und zwar so, dass die neue Intendanz ihre Arbeit im Herbst gut beginnen kann. Das Diktum, das Laufenberg mit seinem letzten Spielzeit-Vorwort hinterlässt, sollte nicht wieder zum Einsatz kommen müssen: „Dass ich Wiesbaden überlebt habe, wundert mich!“

QOSHE - Das Hessische Staatstheater braucht einen Neuanfang - Eva-Maria Magel
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Das Hessische Staatstheater braucht einen Neuanfang

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23.01.2024

Wenn Intendanten ihre Amtszeit beenden, ist großer Bahnhof. Vor allem bei jenen, die noch ein traditionelles Berufsbild pflegen. Auch Uwe Eric Laufenberg hatte in seiner Abschiedssaison eine Art Festspiel geplant, mit lauter letzten Werken, etliche von ihm inszeniert oder – wie Prospero in Shakespeares „Sturm“ – gespielt. Nun hat es statt eines großen Abgangs ein schnelles Ende gegeben.

Dass es so gekommen ist, liegt letztlich in der Hand des Intendanten, der sich immer als Künstler sah. Er sei Intendant um der Kunst willen, hatte Laufenberg öfter gesagt. Dieser Kunst ist er in den vergangenen Monaten ein........

© Frankfurter Allgemeine


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