Ist es ein kleiner Schritt oder ein großer? Der Beschluss der Frankfurter Stadtverordneten, die „Kulturmeile“ voranzutreiben, um Schauspiel und Oper neu zu bauen, ist beides zugleich. Er ist nur ein weiterer Schritt auf einem ungeheuer langen Weg, dem noch viele Schritte und viele Abstimmungen der Politik folgen müssen. Aber weil man schon so lange darauf hatte warten müssen, dass sich überhaupt etwas bewegt, ist der Schritt zur Abstimmung über die „Kulturmeile“ und mögliche weitere Pläne ein enorm großer gewesen.

Dass eine starke Mehrheit über die regierende Koalition hinaus diesen Schritt mitgeht, könnte die Entscheidung stabiler machen, als es frühere gewesen sind – schon Anfang 2020 schließlich hatte das Stadtparlament aufgrund der Gutachten beschlossen, keine Sanierung der sogenannten Theaterdoppelanlage am Willy-Brandt-Platz mehr anzustreben.

In den Tagen vor der Abstimmung jetzt ist gerade die Sanierung wieder von vielen wieder zum Thema gemacht worden, ob aus Nostalgie oder mit Gründen des Umweltschutzes oder der Stadtplanung. Das war auch eine Erinnerung daran, dass politische Beschlüsse beharrlich und zügig zum Ziel geführt werden müssen – bei aller Redlichkeit, es sich nicht leicht machen zu wollen, was die Parlamentarier immer wieder hervorhoben.

Es braucht in nächster Zukunft viel politisches Geschick, um gute Konditionen für eine potentielle Kulturmeile zu verhandeln. Ebenso groß muss das Geschick sein, mehr Träger dieses Großprojekts einzuwerben. Die Bühne, zumal die Oper Frankfurt, haben sich seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs einen nationalen und internationalen Ruf erworben, der viele anzieht, die nicht in der Stadt selbst leben und Steuern zahlen.

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Es sind Redner der Grünen gewesen, die das „kulturelle Erbe“ der Theaterformen Schauspiel und Oper in Frankfurt beschworen haben. Zweifelsohne braucht es Kulturbauten, die jedem offen stehen und die ein gemeinschaftliches Verhandeln der Gegenwart und Zukunft unserer Gesellschaft ermöglichen. Die These mancher Neubau-Gegner, Fußballarenen oder soziale Medien hätten diese Gemeinschaftsfunktion längst übernommen, widerlegt jede gemeinschaftliche, analoge ästhetische Erfahrung.

Dass die Gegner eines Neubaus klagen, es werde nicht darüber nachgedacht, wie denn der Inhalt dieser neuen Bauten, die Kunst und die Vermittlung der Kunst aussehen soll, müssen Diskursprozesse widerlegen, die einen Bürgerrat, aber auch Fachleute aus der Theater- und Musikszene einbeziehen müssen.

Sie zu einer echten Baustelle führen zu können, wird von Nutzen sein. Ein verfallendes Theater, in dem nur noch ein kleines Mädchen haust, wie es derzeit in „Momo“ auf der Bühne des Schauspiels zu sehen ist, werden die Städtischen Bühnen nicht. Dann jedenfalls nicht, wenn in Steine und Inhalt gleichermaßen investiert wird; mit Geld und Verstand.

QOSHE - Ein kleiner großer Schritt - Eva-Maria Magel
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Ein kleiner großer Schritt

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15.12.2023

Ist es ein kleiner Schritt oder ein großer? Der Beschluss der Frankfurter Stadtverordneten, die „Kulturmeile“ voranzutreiben, um Schauspiel und Oper neu zu bauen, ist beides zugleich. Er ist nur ein weiterer Schritt auf einem ungeheuer langen Weg, dem noch viele Schritte und viele Abstimmungen der Politik folgen müssen. Aber weil man schon so lange darauf hatte warten müssen, dass sich überhaupt etwas bewegt, ist der Schritt zur Abstimmung über die „Kulturmeile“ und mögliche weitere Pläne ein enorm großer gewesen.

Dass eine starke Mehrheit über die regierende Koalition hinaus diesen Schritt mitgeht, könnte die Entscheidung stabiler machen, als es frühere gewesen sind – schon Anfang 2020 schließlich hatte das Stadtparlament aufgrund der Gutachten........

© Frankfurter Allgemeine


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