Sterben die Kinos in der Region? Gibt es viel zu wenige Kulturorte? Kommt darauf an, was man unter Kino und Kultur versteht. Was die Hausbesetzer im seit 2021 leer stehenden Berger Kino im Frankfurter Nordend machen, ist milde gesagt, ein zielgruppenspezifisches Programm. Suppe im Vorraum, Verherrlichung von „Militanz“ auf der Leinwand, vor der Tür Spenden-Wunschlisten.

Es hat in der Frankfurter Geschichte Momente gegeben, in denen Hausbesetzer Impulse für die öffentliche De­batte gesetzt haben. Sollte jetzt ei­ne ernsthafte Überlegung unter den Ei­gentümern, der Kulturpolitik und potentiellen Betreibern einsetzen, wie im Leerstand Berger Kino ein gutes Stadtteilkino entstehen könnte, hätte die Aktion der Besetzer zumindest ei­nen positiven Effekt. Die haben allerdings offenbar wenig Ahnung vom Kinostandort Rhein-Main und eine eigene Agenda.

Die Aussage „Immer mehr Kulturorte gehen Pleite, müssen schließen. Frankfurt ist scheiß teuer geworden und wird immer ungemütlicher“ reicht selbst im angeblichen „Reichenviertel“ Bornheim nicht für ein autonomes Stadtteilkino. Und weder ist, wie die Besetzer mitteilen, das Eldorado geschlossen, das seit 2021 erfolgreich zu Cinema und Harmonie gehört, noch sind die E-Kinos, die erst Ende April schließen, dem Kapitalismus zum Opfer gefallen. Besucherzahlen und Personalmangel nach Corona sind Schwierigkeiten, mit denen die Kinolandschaft kämpft. Strategien aber, damit erfolgreich umzugehen, gibt es.

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Und es gibt sogar Kino-Neueröffnungen seit Corona in der Region. Die Zahlen des Jahres 2023 haben den Hauptverband der deutschen Filmtheater optimistisch gestimmt. In Mainz engagiert sich derzeit die Stadt dafür, nicht nur das Programmkino Capitol wieder zu eröffnen, sie hat auch im neu zu errichtenden Palatin-Gebäude drei neue Säle für Programmkino vereinbart.

Sollen also die Kommunen in die Bresche springen, um Kinos zu retten? Da und dort tut ein Griff unter die Arme sicher not, nicht nur finanziell. Gleichzeitig aber nach dem Engagement der Stadt zu rufen und ei­nen Raum zu fordern, der „nicht abhängig vom Wohlwollen des Staates“ ist, wie es die Besetzer tun, ist Unsinn.

Auch unter den Kino-Graswurzel­bewegungen vor 50, 60 Jahren haben nur diejenigen überlebt, die sich professionalisiert haben. Und jene Passanten, die jetzt nostalgische Erinnerungen an das Berger Kino auf die Plakatwand der besetzten Immobilie schreiben, sollten sich fragen, wann sie zuletzt im Kino gewesen sind. Und intensiv das gute Kinoangebot der Region nutzen. Dann findet sich bestimmt jemand, der auch an der Berger Straße richtig gutes Kino macht – für alle.

QOSHE - Geht besser mal ins Kino! - Eva-Maria Magel
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Geht besser mal ins Kino!

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11.03.2024

Sterben die Kinos in der Region? Gibt es viel zu wenige Kulturorte? Kommt darauf an, was man unter Kino und Kultur versteht. Was die Hausbesetzer im seit 2021 leer stehenden Berger Kino im Frankfurter Nordend machen, ist milde gesagt, ein zielgruppenspezifisches Programm. Suppe im Vorraum, Verherrlichung von „Militanz“ auf der Leinwand, vor der Tür Spenden-Wunschlisten.

Es hat in der Frankfurter Geschichte Momente gegeben, in denen Hausbesetzer Impulse für die öffentliche De­batte gesetzt haben. Sollte jetzt ei­ne ernsthafte Überlegung unter den Ei­gentümern, der Kulturpolitik und potentiellen Betreibern einsetzen, wie im Leerstand Berger Kino ein gutes Stadtteilkino entstehen könnte, hätte die Aktion der Besetzer........

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