Einen Corona-Untersuchungsausschuss kündigte der Ko-Vorsitzende der hessischen AfD, Andreas Lichert, an, als er am Tag nach der Landtagswahl im Oktober nach den vordringlichen Plänen seiner Fraktion für die neue Wahl­periode gefragt wurde. „Das wird mit Sicherheit ein Projekt sein, das wir mit hoher Priorität angehen werden.“ Das ist jetzt fast fünf Monate her, aber geschehen ist offenbar überhaupt nichts. Nachfragen werden jedenfalls knapp und zurück­haltend beantwortet: „Die AfD-Fraktion plant, spätestens bis zum Sommer einen Corona-Untersuchungs­ausschuss einzuberufen.“

Damit ist erst einmal bis zum Herbstanfang Zeit gewonnen. Dann ist seit der vollmundigen Ankündigung Licherts fast ein Jahr vergangen. So sieht es aus, wenn die AfD „mit hoher Priorität“ arbeitet. Arbeitet sie überhaupt? Immerhin bilden die 27 Abgeordneten die zweitstärkste Kraft im Parlament. Die personellen Ressourcen sind groß. Und das Thema ist wahrlich nicht neu. Die Pandemie dauerte länger als drei Jahre und beschäftigte die AfD permanent. Dass die Beschlussvorlage der Fraktion zur Einsetzung eines Untersuchungsausschusses trotzdem noch immer nicht vorliegt, wirft kein gutes Licht auf die Leistungsbereitschaft und -fähigkeit der Fraktion.

Ein Untersuchungsausschuss ist nicht trivial. Beweisanträge müssen formuliert, Zeugen eingeladen und befragt, Akten gesichtet werden. Der politische Gegner versucht, die Strategien der anderen Seite zu durchkreuzen. Die Presse verfolgt die öffentlichen Sitzungen und bewertet die Auftritte der Protagonisten. Die Risiken sind beträchtlich.

Im Übrigen liegen die gravierenden Fehler, die während der Pandemie gemacht wurden, auf der Hand. Sie wurden zum Teil schon während der Krise öffentlich kritisiert. Dass die Schulschließungen in ihrem Ausmaß ein Fehler waren, wird kaum noch bestritten. Verantwortlich waren dafür aber nicht nur die Politiker, sondern auch die Wissenschaftler, auf deren Expertise vertraut wurde.

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Weil alle Akteure Neuland be­treten mussten, waren Irrungen und Wirrungen unvermeidlich. Die Folgen sind teilweise noch heute schlimm. „Wir werden einander viel verzeihen müssen“, sagte der frühere Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU). Er agierte übrigens auf der Bundesebene. Dort fielen die meisten Entscheidungen, nachdem die Re­gierungschefs der Länder mit der Kanzlerin beraten hatten.

Schon vor diesem Hintergrund ist die Klärung der Frage, welche konkrete Verantwortung die einzelnen Landesregierungen tragen, kaum möglich. Die AfD jedenfalls wäre dazu nie und nimmer in der Lage, selbst wenn sie es wollte. Aber sie will es nicht wirklich. Ihre Ankündigung eines Untersuchungsausschusses ist der Versuch der Skandalisierung und ein freundlicher Gruß an Corona-Leugner, Maskengegner und Verschwörungstheoretiker.

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Will die AfD wirklich arbeiten?

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02.03.2024

Einen Corona-Untersuchungsausschuss kündigte der Ko-Vorsitzende der hessischen AfD, Andreas Lichert, an, als er am Tag nach der Landtagswahl im Oktober nach den vordringlichen Plänen seiner Fraktion für die neue Wahl­periode gefragt wurde. „Das wird mit Sicherheit ein Projekt sein, das wir mit hoher Priorität angehen werden.“ Das ist jetzt fast fünf Monate her, aber geschehen ist offenbar überhaupt nichts. Nachfragen werden jedenfalls knapp und zurück­haltend beantwortet: „Die AfD-Fraktion plant, spätestens bis zum Sommer einen Corona-Untersuchungs­ausschuss einzuberufen.“

Damit ist erst einmal bis zum Herbstanfang Zeit gewonnen. Dann ist seit der vollmundigen Ankündigung Licherts fast ein Jahr vergangen. So sieht es aus, wenn die AfD........

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