Wenn ihr letzter Ball bei dieser WM geworfen ist, werden die deutschen Handballspielerinnen wieder in ihrer Nische verschwinden und für ein größeres Publikum ein Jahr unsichtbar. Man könnte angesichts der Fernsehpräsenz dieser an diesem Mittwoch beginnenden Frauen-WM in Dänemark, Norwegen und Schweden ketzerisch sagen: Sie sind doch auch während des Turniers unsichtbar.

Nur im Livestream bei Sportdeutschland.tv werden die Spiele der Deutschen hinter einer Bezahlschranke zu sehen sein; der Sender Eurosport überträgt die deutschen Partien zudem zeitversetzt. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk macht wieder einen großen Bogen um den Frauenhandball.

Die missliche Lage hat im sehr selbstbewussten deutschen Team zwei Reaktionen hervorgerufen. Ein kritische Haltung trägt Kapitänin Emily Bölk vor, die seit dreieinhalb Jahren für Budapest spielt: „In Ungarn wird dem Profisport mehr Wertschätzung entgegengebracht. Egal ob Frauen oder Männer, es wird sehr viel Sport im Free-TV gezeigt. Jede deutsche Nationalmannschaft sollte Länderspiele im deutschen Free-TV bekommen, denn das erzeugt eine Wechselwirkung und Begeisterung für die Sportart.“

Ihre Kapitänskollegin Alina Grijseels setzt auf Selbsthilfe. Frauenhandball im Bezahlfernsehen kann auch sie nichts abgewinnen, weil das die ohnehin kümmerliche Quote noch verringere. Doch das deutsche Team habe es in der Hand, für bessere Verhältnisse zu sorgen: „Der Druck auf die Öffentlich-Rechtlichen wächst, wenn wir erfolgreich sind. Wenn wir anders als zuletzt weit kommen, wird auch irgendwann Frauenhandball in ARD und ZDF laufen – es liegt an uns.“

Einem Verband wie dem Deutschen Handballbund steht das Kehren vor der eigenen Tür besser zu Gesicht als die routiniert vorgetragene, erfolglose Schelte. Wie man eine kleine Welle der Begeisterung erzeugt, haben im Sommer bei der Basketball-EM in Israel und Slowenien die deutschen Frauen gezeigt. Noch viel „nischiger“ als Frauenhandball, begeisterten sie das Publikum bei Magenta TV mit beherzten Auftritten und Platz sechs: Das war Werbung für ihren Sport.

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Unrealistische Forderungen hinter sich zu lassen, es dem öffentlich-rechtlichen Fernsehen aber so schwierig wie möglich zu machen, fortan auf Frauenhandball zu verzichten: Das wäre neben einer guten Platzierung der schnellste Weg, angemessen ins Bild zu rücken.

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Raus aus der Nische

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29.11.2023

Wenn ihr letzter Ball bei dieser WM geworfen ist, werden die deutschen Handballspielerinnen wieder in ihrer Nische verschwinden und für ein größeres Publikum ein Jahr unsichtbar. Man könnte angesichts der Fernsehpräsenz dieser an diesem Mittwoch beginnenden Frauen-WM in Dänemark, Norwegen und Schweden ketzerisch sagen: Sie sind doch auch während des Turniers unsichtbar.

Nur im Livestream bei Sportdeutschland.tv werden die Spiele der Deutschen hinter einer Bezahlschranke zu sehen sein; der Sender Eurosport überträgt die deutschen Partien zudem zeitversetzt. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk macht wieder einen großen Bogen........

© Frankfurter Allgemeine


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