Gelegentlich geben Nobelpreisträger Lebenshilfe. So warnte Christopher Pissarides (Wirtschaftsnobelpreis 2010) neulich davor, Naturwissenschaften, Informatik, Mathematik oder Ingenieurwesen zu studieren, auch wenn Hochschullehrer wie Industrieunternehmen allenthalben zu wenig Nachwuchs in diesen sogenannten MINT-Fächern bemängeln. Der Volkswirt Pissarides meinte, Künstliche Intelligenz werde die Arbeit der Menschen vollständig übernehmen, die Daten sammeln, also das, was die Berufstätigen in den MINT-Fächern seiner Ansicht nach so machen. Gefragt hingegen blieben Managementqualitäten, Empathie und Kreativität – Fähigkeiten, die der Ökonom den Computerspezialisten und Medikamentenentwicklern offenbar abspricht.

Dass Nobelpreisträger nicht nur Kluges sagen, ist seit Linus Pauling bekannt. Der Chemienobelpreisträger des Jahres 1954 empfahl, täglich esslöffelweise Vitamin C zu sich zu nehmen, um Krebs und anderen Leiden vorzubeugen. Einen Nachweis dafür gibt es bis heute nicht, und Pauling starb mit 93 Jahren an Prostatakrebs. Die Physiknobelpreisträger Ivar Giaever (1973) und John F. Clauser (2022) bezeichneten den menschengemachten Klimawandel als Schwindel – keiner der beiden ist Atmosphärenphysiker. Der Entdecker der DNA-Struktur, James Watson (Medizinnobelpreis 1962), meinte, Dunkelhäutige seien dümmer als Menschen mit heller Hautfarbe, und Brian D. Josephson (Physiknobelpreis 1973) hält paranormale Phänomene für real. Kurt Wüthrichs (Chemienobelpreis 2002) Klage im vergangenen Jahr in Lindau, er werde als Mann diskriminiert, wirkt dagegen fast schon harmlos. Diese Naturwissenschaftler sind oder waren sicherlich alles mögliche – nur bestimmt nicht unkreativ.

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Angesichts ihrer Verirrungen könnte einem die Warnung vor einem MINT-Studium vielleicht plausibel erscheinen. Andererseits: Die wenigsten Naturwissenschaftler werden jemals einen Nobelpreis erhalten und die Bodenhaftung zu verlieren. Sie machen einfach weiter. Sie denken sich Lösungen aus, erforschen Krankheiten, entwickeln Analysemethoden, tüfteln an Antrieben oder erfinden Batterien, mit und ohne Künstliche Intelligenz.

QOSHE - Karrieretipps vom Nobelpreisträger - Frauke Zbikowski
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Karrieretipps vom Nobelpreisträger

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12.01.2024

Gelegentlich geben Nobelpreisträger Lebenshilfe. So warnte Christopher Pissarides (Wirtschaftsnobelpreis 2010) neulich davor, Naturwissenschaften, Informatik, Mathematik oder Ingenieurwesen zu studieren, auch wenn Hochschullehrer wie Industrieunternehmen allenthalben zu wenig Nachwuchs in diesen sogenannten MINT-Fächern bemängeln. Der Volkswirt Pissarides meinte, Künstliche Intelligenz werde die Arbeit der Menschen vollständig übernehmen, die Daten sammeln, also das, was die Berufstätigen in den MINT-Fächern seiner Ansicht nach so machen. Gefragt hingegen blieben Managementqualitäten, Empathie und........

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