Ein Glas Rotwein am Tag sei gut für das Herz, so hört man es öfter. Ein Grund für diese Behauptung, die sich hartnäckig hält, sind die Flavonoide. Diesen Pflanzenfarbstoffen aus der Traubenschale wird eine entzündungshemmende Wirkung nachgesagt. Jetzt haben Forscher aus den USA einen dieser Pflanzenfarbstoffe, das Quercetin, als das Übel ausgemacht, das bei Rotweintrinkern Kopfweh fördert. Von Migräne geplagte Menschen kennen die schmerzauslösende Wirkung von Rotwein. Warum er aber den Schädel schneller brummen lässt als Weißwein, war bisher umstritten.
Im Rotwein, so lautet nun die These, bilden Alkohol und Quercetin eine ungute Kombination. Enzyme in der Leber verstoffwechseln den Alkohol im Blut in einem zweistufigen Prozess: durch Alkoholdehydrogenase zu Acetaldehyd, das dann durch Aldehyddehydrogenasen, kurz ALDH, zu Acetat umgesetzt wird. Dummerweise behindert Quercetin die besonders schnell wirkende ALDH2, wodurch sich Acetaldehyd im Blut anreichert. Und das ist giftig. Weine aus dem Eichenfass müssen besonders unangenehm wirken, denn das Holz enthält Quercetin, das löst sich im Alkohol. Aber selbst wenn der Wein nur noch aus dem Stahltank kommt, so werden die Aussichten auf bekömmlicheren Rotwein nicht besser: Mit wärmeren Temperaturen durch den Klimawandel produzieren die Trauben mehr Flavonoide.
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Die Versuche mit den Leberenzymen fanden allerdings nur im Reagenzglas statt; die Forscher schreiben in „Science Reports“, dass Untersuchungen mit Menschen erforderlich seien, um ihre Hypothese zu bestätigen. Viele Mediziner warnen allerdings: Das tägliche Glas Wein fördere eher Leberzirrhose als Herzgesundheit. Die Wissenschaftler werden vermutlich trotzdem genug Freiwillige für ihre Folgestudie finden – Kopfweh hin oder her.