Die Spitzen der Bundesregierung haben nach langen und schwierigen Verhandlungen einen Weg gefunden, ihr Bündnis fortzusetzen und die Voraussetzungen für die Verabschiedung eines Haushalts für das kommende Jahr gefunden. Es ist ihnen jedoch nicht gelungen, einem unter erheblichen wirtschaftlichen Selbstzweifeln leidenden Land einen Weg aus Stagnation und Zukunftsangst zu weisen.

Dafür fehlt den drei die Regierung tragenden Parteien ein gemeinsames Konzept und mittlerweile wohl auch das Vertrauen zueinander. Die Frage, welche der drei Parteien in den zurückliegenden Verhandlungen am ehesten als Gewinner oder Verlierer zu bezeichnen wäre, lohnt keine nähere Betrachtung. Das Land hat jedenfalls nicht gewonnen.

Das Programm der Bundesregierung fällt, gemessen am stattlichen Gesamtvolumen der Staatsfinanzen und an Programmen früherer Regierungen, nicht besonders groß aus. Eines der Grundprobleme dieser Regierung formulierte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), als er zu den Kürzungen und Einsparungen bemerkte: „Die machen wir nicht gerne, klar, aber sie sind nötig.“

Die Qualität des Staatshandelns bemisst sich jedoch nicht an der Möglichkeit, die Staatsausgaben immer weiter zu steigern, sondern an der Fähigkeit der Politik, knappe Mittel möglichst zielgerichtet einzusetzen. Auch die Finanzpolitik mit der Gießkanne gehört zu den Relikten eines Zeitalters, das unwiderruflich seinem Ende entgegengeht.

Was dies in der Praxis bedeutet, zeigen die Beschlüsse der Ampel: Wenn es darauf ankommt, bleiben die Sozialausgaben so weit wie möglich unangetastet, während allen Fensterreden über „Zukunftsinvestitionen“ zum Trotz im Zweifel an den Investitionen gekürzt wird. Nachdem der Bundeskanzler auf dem SPD-Parteitag Kürzungen bei den Sozialausgaben praktisch ausgeschlossen hatte, twitterte der Ökonom Jens Südekum, ein Mitglied der SPD: „Geschickte politics“. Mit Blick auf die Zukunft des Landes muss man sagen: Es ist sehr schlechte Politik und ungeschickt ist sie noch zudem.

Dem spätestens seit dem Heizungsgesetz offenkundigen Eindruck, dass diese Bundesregierung mit ihrem Verständnis von Klimapolitik dem Anliegen einer sachgerechten Klimapolitik geradezu Schaden zufügt, liefert sie in ihrem neuen Programm mit ihrer Begründung eines schneller als geplant steigenden Preises für CO2 neue Nahrung. Für zahlreiche Ökonomen stellt der CO2-Preis neben den Emissionszertifikaten ein akzeptables Instrument in einer verständigen Klimapolitik dar – aber wohlweislich ergänzt um eine Ausschüttung der staatlichen Einnahmen aus dem höheren CO2-Preis an die Bürger.

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Für eine solche Politik hat es gerade der Linken in Deutschland aber immer an Verständnis gefehlt, weil sie den Menschen lieber Vorschriften machen möchte und ihr die Vorstellung fremd ist, die eingenommenen Gelder den Bürger einfach wieder zurückzugeben. Stattdessen möchte die Regierung die aus einem höheren CO2-Preis stammenden Einnahmen verwenden, um Ausgaben zu finanzieren. Damit dürften viele Menschen den höheren Preis für CO2 als Bestrafung der Bürger für eine schlecht wirtschaftende Regierung wahrnehmen. Der Klimapolitik tut die Regierung damit keinen Gefallen.

An die Schuldenbremse kamen SPD und Grüne nicht recht heran, auch wenn die Option existiert, sie mit Blick auf eine eventuelle Eskalation in der Ukraine aus außen- und verteidigungspolitischen Gründen doch noch im Jahresverlauf auszusetzen, die Frage aufwirft, wie schnell die Regierung diese Karte ziehen wird. Eine generelle Erklärung einer finanziellen Notlage für das kommende Jahr, auf die manche der SPD und den Grünen nahestehenden Ökonomen und Journalisten gehofft hatten, dürfte es jedoch nicht geben.

Von einer Regierung, die vor allem die Angst vor Neuwahlen noch zusammenhält, mag kein großer Wurf zu erwarten sein, aber mehr als nur Stückwerk wäre der Lage schon angemessen. Der Wirtschaftsstandort Deutschland braucht mutige und weitreichende Entscheidungen, die zu einer Verbesserung der Angebotsbedingungen beitragen. Eine Regierung, die sich nur als eingeschränkt handlungsfähig empfindet, weil sie sich (selbstverständlich) an das Grundgesetz halten muss, erweckt nicht den Eindruck, Deutschland in einer schwierigen Lage nach vorne zu bringen. Gerade SPD und Grüne reden viel von Modernisierung, aber ihre Politikrezepte – und offenkundig auch die Empfehlungen ihrer Berater – passen so gar nicht in unsere Zeit der Unrast, des Zweifels und der Verunsicherung.

QOSHE - Die Ampel liefert nur Stückwerk - Gerald Braunberger
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Die Ampel liefert nur Stückwerk

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13.12.2023

Die Spitzen der Bundesregierung haben nach langen und schwierigen Verhandlungen einen Weg gefunden, ihr Bündnis fortzusetzen und die Voraussetzungen für die Verabschiedung eines Haushalts für das kommende Jahr gefunden. Es ist ihnen jedoch nicht gelungen, einem unter erheblichen wirtschaftlichen Selbstzweifeln leidenden Land einen Weg aus Stagnation und Zukunftsangst zu weisen.

Dafür fehlt den drei die Regierung tragenden Parteien ein gemeinsames Konzept und mittlerweile wohl auch das Vertrauen zueinander. Die Frage, welche der drei Parteien in den zurückliegenden Verhandlungen am ehesten als Gewinner oder Verlierer zu bezeichnen wäre, lohnt keine nähere Betrachtung. Das Land hat jedenfalls nicht gewonnen.

Das Programm der Bundesregierung fällt, gemessen am stattlichen Gesamtvolumen der Staatsfinanzen und an Programmen früherer Regierungen, nicht besonders groß aus. Eines der Grundprobleme dieser Regierung formulierte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), als er zu den Kürzungen und Einsparungen bemerkte: „Die machen wir nicht gerne, klar, aber sie sind nötig.“

Die Qualität des Staatshandelns bemisst sich jedoch nicht an der Möglichkeit, die........

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