Die deutsche Industrie benötigt gute Bedingungen am heimischen Standort, aber auch ein günstiges weltwirtschaftliches Umfeld. Die derzeit unbefriedigende Industriekonjunktur mag zum Teil eher auf kurzfristige Einflüsse wie das höhere Zinsniveau und eine höhere Inflation in der Welt zurückzuführen sein. Hier besteht die Hoffnung auf eine Besserung im kommenden Jahr, denn mit einer rückläufigen Inflation dürften sich Spielräume für erste vorsichtige Lockerungen ab der zweiten Hälfte des kommenden Jahres eröffnen.

Doch selbst eine Aufhellung des derzeit düsteren Konjunkturhimmels änderte nichts an den fundamentalen Herausforderungen für die deutsche Industrie. Die sich allmählich im Kreis drehende Debatte um die Schuldenbremse und um die Beteiligung Deutschlands an internationalen Subventionswettläufen darf nicht den Blick für die grundsätzlichen Schwächen des Wirtschaftsstandorts Deutschland versperren, zu denen das rückläufige Arbeitsangebot als Ergebnis der Demographie, ein nur schwaches Wachstum der Produktivität sowie die im internationalen Vergleich hohen Energiepreise zählen.

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Der Standort benötigt eine zupackende Politik, die auf eine Verbesserung der Angebotsbedingungen abzielt und Wandel zulässt. Die deutsche Industrie war im Laufe der Jahrzehnte erfolgreich, weil sie sich an wandelnde Umfelder anpassen konnte und nicht, weil sie sich von einer sich modern gebenden, tatsächlich aber strukturkonservativen Wirtschaftspolitik in die Rolle eines Mausoleums schieben ließ.

Die Wirtschaftspolitik muss gerade in Zeiten wachsender geopolitischer Spannungen dazu beitragen, so viel Globalisierung wie möglich zu bewahren. Darum bleiben in Zeiten, in denen vielerorts Handelsbarrieren aufgebaut werden, Abschlüsse von Freihandelsabkommen so wichtig. Freilich sind nicht nur Forderungen an die Politik zu richten. Die Unternehmen müssen akzeptieren, dass die Zeiten vorbei sind, in denen die Regierung mit der Gießkanne Geld verteilen konnte. Zu marktwirtschaftlichem Denken gehört für Unternehmen auch das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten.

QOSHE - Die Schwächen der Industrie - Gerald Braunberger
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Die Schwächen der Industrie

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06.12.2023

Die deutsche Industrie benötigt gute Bedingungen am heimischen Standort, aber auch ein günstiges weltwirtschaftliches Umfeld. Die derzeit unbefriedigende Industriekonjunktur mag zum Teil eher auf kurzfristige Einflüsse wie das höhere Zinsniveau und eine höhere Inflation in der Welt zurückzuführen sein. Hier besteht die Hoffnung auf eine Besserung im kommenden Jahr, denn mit einer rückläufigen Inflation dürften sich Spielräume für erste vorsichtige Lockerungen ab der zweiten Hälfte des kommenden Jahres eröffnen.

Doch selbst eine Aufhellung des derzeit düsteren........

© Frankfurter Allgemeine


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