Ein pragmatisches Vorgehen hat der neue hessische Wirtschaftsminister Kaweh Mansoori (SPD) beim Wohnungsbau angekündigt. Das ist eine zuversichtlich stimmende Aussage in einem häufig von Ideologie und wenig Realitätssinn geprägten Politikfeld. Es ist auch ein gutes Zeichen, dass der Minister wenige Wochen nach seinem Amtsantritt den Kontakt zur Immobilienbranche sucht und sich Zeit für den Austausch nimmt. Er weiß, dass er die Wirtschaft braucht, will er in der Wohnungspolitik zu Erfolgen kommen. Denn Ministerien bauen keine Wohnungen.

Wer dem in Frankfurt lebenden Mansoori zuhört, merkt sehr schnell, dass er als Landesminister nicht nur die unter dem Wohnungsmangel leidenden Großstädte im Blick hat. Ausdrücklich erwähnt er seine Herkunft aus dem Landkreis Gießen, wo das Wohneigentum eine große Rolle bei der Altersvorsorge spiele. Den Traum von den eigenen vier Wänden sollten sich die Menschen erfüllen können, sagt Mansoori.

Das ist nicht weiter überraschend. Ähnliche Formulierungen finden sich im Landtagswahlprogramm der SPD und im Koalitionsvertrag, den die SPD mit der CDU geschlossen hat. Dennoch ist es nicht selbstverständlich, dass der Minister die Bedeutung des Wohneigentums gerade in der Stadt Frankfurt herausstellt. Denn die Koalition aus Grünen, SPD, FDP und Volt in der Mainmetropole hält den Bau von Eigentumswohnungen mehrheitlich für schädliche „Spekulation“ oder bestenfalls ein luxuriöses Hobby Wohlhabender.

Im Koalitionsvertrag von 2021 kommt der Begriff „Eigentümer“ meist nur im Zusammenhang mit Pflichten vor. Mit immer höheren Quoten für den Bau von Sozialwohnungen und weiterer Auflagen für Investoren wird der Markt für Eigentumswohnungen in Frankfurt auf eine kleine, hochpreisige Nische zurückgedrängt. 2023 wurden im gesamten Stadtgebiet gerade einmal 90 Neubauwohnungen verkauft. Für neue Eigenheime wird kaum noch Bauland ausgewiesen, junge Familien zieht es ins Umland.

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Gerade einmal jeder fünfte Frankfurter Haushalt lebt im selbst genutzten Eigentum. Das ist halb so viel wie im hessischen Durchschnitt. Es muss ein politisches Ziel sein, diese Quote zu erhöhen, nicht nur in Hinblick auf die Altersvorsorge. Immobilieneigentümer sind unabhängig von Mieterhöhung und tragen zur sozialen Stabilisierung von Quartieren bei.

Man darf gespannt sein, welche pragmatischen Ansätze Mansoori findet, um Wohneigentum zu fördern. Und wie er die Diskussionen darüber mit seinen Genossen in Frankfurt führt.

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Wohneigentum macht unabhängig

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20.03.2024

Ein pragmatisches Vorgehen hat der neue hessische Wirtschaftsminister Kaweh Mansoori (SPD) beim Wohnungsbau angekündigt. Das ist eine zuversichtlich stimmende Aussage in einem häufig von Ideologie und wenig Realitätssinn geprägten Politikfeld. Es ist auch ein gutes Zeichen, dass der Minister wenige Wochen nach seinem Amtsantritt den Kontakt zur Immobilienbranche sucht und sich Zeit für den Austausch nimmt. Er weiß, dass er die Wirtschaft braucht, will er in der Wohnungspolitik zu Erfolgen kommen. Denn Ministerien bauen keine Wohnungen.

Wer dem in Frankfurt lebenden Mansoori zuhört, merkt sehr schnell, dass er als Landesminister nicht nur die unter dem........

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