Es bleibt dabei. Endgültig ist in Brüssel selten etwas gescheitert. Wenn die große Kompromissmaschine erst einmal angelaufen ist, findet sich irgendwann irgendwie doch eine Möglichkeit, die benötigten Mehrheiten zu organisieren, zur Not durch Zugeständnisse bei anderen Gesetzesvorhaben. So war, sieht man es aus der Perspektive der FDP, am Ende aller Widerstand umsonst: Der wichtigste Alliierte Italien ist eingeknickt, die Mehrheit für das EU-Lieferkettengesetz steht nach einem wochenlangen Verhandlungskrimi.

Dabei dürfen die Liberalen durchaus zufrieden sein. Ihre Blockade auf den letzten Metern hat Europaparlament und Europäische Kommission zu einigen Zugeständnissen gezwungen. Die Zahl der Unternehmen, die nach langen Übergangsfristen unter das Gesetz fallen, wurde stark reduziert. Es dürften in der gesamten EU gerade einmal 5000 sein. Das ist auch, verglichen mit dem deutschen Lieferkettengesetz, eine Entlastung. Auch an anderer Stelle wurden die Brüsseler Auflagen abgeschwächt.

Grund zum Jubeln gibt es dennoch nicht. Der Ansatz bleibt falsch. Der Schutz von Menschenrechten und der Umwelt ist eine zwischenstaatliche Angelegenheit, die die EU nicht auf ihre Unternehmen verlagern darf. Das EU-Gesetz bleibt ein Bürokratiemonster. Es zwingt die Unternehmen, ihre gesamte Lieferkette bis zum Zulieferer des Zulieferers des Zulieferers auf Verstöße abzuklopfen. Die werden das auch auf ihre mittelständischen Zulieferer in der EU abwälzen. So werden dann aus 5000 betroffenen Unternehmen viel mehr.

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Über alldem schwebt die ständige Gefahr, für Verstöße an irgendeiner Stufe der Lieferkette vor Gericht gezerrt zu werden. Deshalb dürfte die Wirkung des Gesetzes verpuffen: Die Unternehmen werden sicherheitshalber auf Lieferungen aus bestimmten Regionen verzichten – zum Schaden der Menschen dort. Die Blockade der FDP bleibt somit richtig. Sie kam nur Monate zu spät. Hätten die Liberalen früher auf die Bremse getreten, hätten sie die Brüsseler Maschine vielleicht tatsächlich aufhalten können.

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Die FDP hat zu spät gebremst

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15.03.2024

Es bleibt dabei. Endgültig ist in Brüssel selten etwas gescheitert. Wenn die große Kompromissmaschine erst einmal angelaufen ist, findet sich irgendwann irgendwie doch eine Möglichkeit, die benötigten Mehrheiten zu organisieren, zur Not durch Zugeständnisse bei anderen Gesetzesvorhaben. So war, sieht man es aus der Perspektive der FDP, am Ende aller Widerstand umsonst: Der wichtigste Alliierte Italien ist eingeknickt, die Mehrheit für das EU-Lieferkettengesetz steht nach einem wochenlangen Verhandlungskrimi.

Dabei dürfen die Liberalen durchaus zufrieden sein.........

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