Adolf Dassler und die Schraubstollen, das Berner Wankdorf-Stadion im Regen, und ein aus dem Hintergrund schießender Helmut Rahn, der Deutschland zum Fußball-Weltmeister macht. Keine Frage, diese Bilder haben sich tief ins Gedächtnis eines jeden Fußballfans eingeprägt. Zwar stammten die Trikots der „Helden von Bern“ nicht von Adidas, aber die legendären Schraubstollen-Schuhe sorgten für den Mythos, den die Partnerschaft von Adidas und der deutschen Fußball-Nationalmannschaft umgibt.

Seit mehr als sieben Jahrzehnten rüstet die Dreistreifen-Marke Deutschlands Vorzeige-Kicker aus. Dass von 2027 an nun ausgerechnet der amerikanische Weltmarktführer Nike den deutschen Konkurrenten aus Herzogenaurach ablöst, sorgt sogar für eine Patriotismusdebatte im Land.

Die deutsche Bundespolitik lässt der Trikottausch jedenfalls nicht kalt. Kein Geringerer als Wirtschaftsminister Robert Habeck schaltete sich mit markigen Worten ein. „Ich kann mir das deutsche Trikot ohne die drei Streifen kaum vorstellen. Adidas und Schwarz-Rot-Gold gehörten für mich immer zusammen“, sagte der Grünen-Politiker – und dozierte über ein Stück deutscher Identität und darüber, dass er sich mehr „Standortpatriotismus“ gewünscht hätte.

Bei aller fußballerischen Folklore hat inzwischen jeder Fußballfan gemerkt, dass die Elf-Freunde-Mentalität aus den Zeiten eines Sepp Herbergers längst vorbei ist. Fußball ist knallharter Kommerz. Und der Deutsche Fußball-Bund (DFB) braucht Geld, nachdem ihm zwischenzeitlich die Gemeinnützigkeit aberkannt wurde und er Steuern in Millionenhöhe nachzahlen muss.

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Da kommt es wie gerufen, wenn Nike dem DFB ein hoch dotiertes Angebot unterbreitet. In der Branche wird kolportiert, dass der DFB zuletzt 50 Millionen Euro von Adidas erhalten haben soll, die Amerikaner diesen Betrag aber verdoppelt hätten. So läuft das Geschäft heutzutage, Business as usual. In Berlin sollte man diese Niederlage so sportlich nehmen wie in Herzogenaurach.

Mit der Fußball-Tradition hat es Adidas zuletzt auch nicht mehr so genau genommen und die Nationalkicker für Auswärtsspiele in ein pink-lilafarbenes Dress gesteckt, das in der Generation Tiktok sicher gut ankommt. Aber mit derart modischen Experimenten ohne jeden fußballhistorischen Bezug hat sich Adidas nicht zuletzt selbst austauschbar gemacht.

QOSHE - Habeck sollte die Adidas-Niederlage sportlich nehmen - Henning Peitsmeier, München
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Habeck sollte die Adidas-Niederlage sportlich nehmen

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22.03.2024

Adolf Dassler und die Schraubstollen, das Berner Wankdorf-Stadion im Regen, und ein aus dem Hintergrund schießender Helmut Rahn, der Deutschland zum Fußball-Weltmeister macht. Keine Frage, diese Bilder haben sich tief ins Gedächtnis eines jeden Fußballfans eingeprägt. Zwar stammten die Trikots der „Helden von Bern“ nicht von Adidas, aber die legendären Schraubstollen-Schuhe sorgten für den Mythos, den die Partnerschaft von Adidas und der deutschen Fußball-Nationalmannschaft umgibt.

Seit mehr als sieben Jahrzehnten rüstet die Dreistreifen-Marke Deutschlands Vorzeige-Kicker aus. Dass von 2027 an nun ausgerechnet der amerikanische........

© Frankfurter Allgemeine


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