Das süße Gift der Subvention wirkt. Es vernebelt alle Sinne, sogar die mancher Protagonisten, die in einem Umfeld mit klarem wirtschaftspolitischem Kompass zu Hause sind. Dass ein sogenannter Autopapst im selben Atemzug dem Elektroauto das Wort redet und den Ratschlag erteilt, „nur Elektro“ dürfe nicht mehr der alleinige Weg für die deutschen Autobauer sein, geschenkt, als medienwirksamer Experte muss man wohl gewisse Flexibilität an den Tag legen.

Dass die für die Autobranche tätigen Lobbygruppen aufschreien, ist auch kein Wunder. Vielmehr schon die Vielzahl an Stimmen von allen möglichen Seiten, die eine Fortsetzung der Unterstützung aus Steuermitteln fordert. Und die Konsequenz, dass nun nämlich jemand aufstehen und erklären müsste, warum das in Europa für das Jahr 2035 verhängte De-facto-Verbot von neuen Autos mit Verbrennungsmotoren grobe handwerkliche Fehler hat.

Das drohende Desaster ist schon heute absehbar, und mit der abrupten Einstellung der staatlichen Subvention für den Kauf von Elektroautos wird es für jeden ersichtlich. Das Bundeswirtschaftsministerium um Robert Habeck hat die Branche kalt erwischt mit seiner Entscheidung, die Förderung per sofort einzustellen. Ob solche Hauruck-Aktionen im Sinne der Vertrauensbildung förderlich sind, darf bezweifelt werden.

Schon mit dem Vorstoß zu neuen Heizungen hat Habecks Truppe die Bevölkerung zutiefst verunsichert, wenn nicht verärgert, Geld gekostet hat er den gemeinen Hauseigentümer auch. Solcherlei erratisches Vorgehen wirft Fragen nach der Professionalität der Bundesregierung auf und sollte nicht zur Regel werden. Unzweifelhaft ist die Einstellung der Subvention für Elektroautos aber die richtige Entscheidung.

Falls es einen Grund für den finanziellen Anschub einer neuen Technik geben sollte, so ist der nach den nun vergangenen Jahren entfallen. Und schon für die bereits ausgereichten Milliarden sind Zweifel angebracht. Ist eine Technik überlegen, greifen die Menschen von ganz allein zu, selbst wenn sie teurer ist. Das E-Bike ist ein Paradebeispiel dafür, es überzeugt aus sich heraus. Als vom Arbeitgeber gefördertes Leasingobjekt geben Arbeitnehmer durchschnittlich sage und schreibe 4000 Euro für ein elektrisches Fahrrad aus, wer hätte das für möglich gehalten? Der Markt wirkt. Und funktioniert.

Auch für Smartphones mag derlei gelten, sie haben leicht die Hürde von 1000 Euro übersprungen und dürften vielen als unverzichtbar gelten. Trotzdem sieht sich der Staat nicht bemüßigt, das Geschäft mit Subventionen auf Trab zu halten. Für das Elektroauto gilt das komischerweise nicht. Weil es trotz seines signifikanten CO2-Rucksacks als lokal emissionsfrei eingestuft wird? Weil die Politik es als einzige Lösung künftiger individueller Mobilität festgeschrieben hat? Weil sich niemand mehr traut, Technologieoffenheit wirken zu lassen?

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Das Elektroauto muss die Käufer überzeugen, es muss besser sein als das, was es bislang gibt. Die Umweltverträglichkeit, so sie denn mit einem von Kohle und Gas geprägten Strommix in ausreichendem Maße gewährleistet ist, mag auf der Habenseite einen besonders hohen Stellenwert einnehmen. Aber auch Kosten, Verfügbarkeit, Einsatzfähigkeit, Zuverlässigkeit, Wiederverkauf, Komfort, Fahreigenschaften oder Image spielen eine Rolle. Letztlich ist es die Summe aller Eigenschaften, die ein Produkt begehrenswert macht. So hat der Verbrennungsmotor seinen Siegeszug angetreten und ist heute Garant von Freiheit und Versorgungssicherheit. Elektrische Personenwagen, Lastwagen, Busse, Flugzeuge oder Schiffe müssen den Beweis erst noch erbringen.

Bislang sind etwas mehr als eine Million Elektroautos auf deutschen Straßen zugelassen, nach politischer Zielsetzung sollen es bis zum Jahr 2030 fünfzehn Millionen werden. Das scheint außer Reichweite. Doch deswegen Subventionen bis zum Sankt Nimmerleinstag zu fordern, kann keine Lösung sein. Der Konsument braucht überzeugende Anreize, die Industrie braucht Zuversicht und Planungssicherheit. Fabriken lassen sich nicht mal so, mal so ausrichten. Es wäre denn also dringend geboten, sich um die Standortfaktoren zu kümmern, um einen wettbewerbsfähigen Strompreis, um attraktive Ansiedlungen, um die Verfügbarkeit von Fachkräften, um Lust an der Leistung. Auch, um sich gegen neue chinesische Anbieter zu behaupten, die sich um hiesige Befindlichkeiten wenig scheren.

So, wie die Gesetzgebung in der EU ist, wird das Elektroauto 2035 erzwungen. So, wie es derzeit läuft, drohen bis dahin üble Verwerfungen. Die Augen davor zu verschließen, hilft niemandem. Es gibt schon heute Elektroautos, die gut in manche Lebenssituation passen. Es gibt schon heute gute Elektroautos. Aber ihre Entwicklung ist doch hoffentlich noch nicht am Ende.

Der Industrie wird geholfen mit Vertrauen und Luft für ihre Innovationskraft, nicht mit Subventionen zum Kauf ihrer (noch) zu teuren und in der Breite bislang nicht wettbewerbsfähigen Elektroautos. Der Bedarf an Geld ist an anderer Stelle dringender, was auch schon vor dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts hätte klar sein können. Aber verdrängt wurde. Nun muss das Elektroauto durch Leistung laufen lernen. Gut so. Übrigens gibt es doch einen, der im Meer der Subventionsritter die Fahne des Wettbewerbs und des Glaubens an den Fortschritt hochhält. Der ADAC. Er sollte nicht der einzige bleiben.

QOSHE - Kein Mitleid mit dem Elektroauto - Holger Appel
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Kein Mitleid mit dem Elektroauto

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18.12.2023

Das süße Gift der Subvention wirkt. Es vernebelt alle Sinne, sogar die mancher Protagonisten, die in einem Umfeld mit klarem wirtschaftspolitischem Kompass zu Hause sind. Dass ein sogenannter Autopapst im selben Atemzug dem Elektroauto das Wort redet und den Ratschlag erteilt, „nur Elektro“ dürfe nicht mehr der alleinige Weg für die deutschen Autobauer sein, geschenkt, als medienwirksamer Experte muss man wohl gewisse Flexibilität an den Tag legen.

Dass die für die Autobranche tätigen Lobbygruppen aufschreien, ist auch kein Wunder. Vielmehr schon die Vielzahl an Stimmen von allen möglichen Seiten, die eine Fortsetzung der Unterstützung aus Steuermitteln fordert. Und die Konsequenz, dass nun nämlich jemand aufstehen und erklären müsste, warum das in Europa für das Jahr 2035 verhängte De-facto-Verbot von neuen Autos mit Verbrennungsmotoren grobe handwerkliche Fehler hat.

Das drohende Desaster ist schon heute absehbar, und mit der abrupten Einstellung der staatlichen Subvention für den Kauf von Elektroautos wird es für jeden ersichtlich. Das Bundeswirtschaftsministerium um Robert Habeck hat die Branche kalt erwischt mit seiner Entscheidung, die Förderung per sofort einzustellen. Ob solche Hauruck-Aktionen im Sinne der Vertrauensbildung förderlich sind, darf bezweifelt werden.

Schon mit dem Vorstoß zu neuen Heizungen hat Habecks Truppe die........

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