Die Woche ist gut gelaufen, wir spüren Entspannung. Nicht an der politisch-militärischen Front, dort leider nirgends, aber an der wirtschaftlichen. Die Inflationsrate ist im Oktober auf 3,8 Prozent gesunken. Schon tut nicht mehr weh, dass die Rechnung des Autoversicherers fürs kommende Jahr ins Haus flattert, mit gerade mal 16 Prozent höherem Beitrag, obwohl wieder ein unfallfreies Jahr hinter uns liegt. Der Herbst bereitet auch sonst Freude. Es regnet allen Berufsoptimisten zum Trotz, die im Bikinisommer orakelten, das werde es nie wieder tun. Und die Heizung springt zuverlässig an, wie wir zu erkennen meinen mit gewissem Stolz in der Gasflamme, dass sie auf ihre alten Tage noch mal brennen darf, bis der Habeck kommt.

Der Bundeswirtschaftsminister meint es bekanntlich nur gut mit Technik und Menschheit, weshalb er nun auch eine Industriestrategie entwickelt hat, was zumindest den Schluss zulässt, dass sich in einem der grünen Häuser die Ansicht Bahn bricht, Deutschland ohne Industrie sei womöglich doch nicht so erstrebenswert. Was wir kleinlich finden, wo keine Industrie, da kein CO2. Schließlich ist Deutschland auf gutem Wege. Man muss nur den Strompreis so lange wie möglich so hoch halten wie jetzt, schon löst sich das Problem exzessiver Produktion von allein. Ausgerechnet da grätscht der Bundesfinanzminister rein und nörgelt, der für das Jahr 2030 avisierte Kohleausstieg müsse überdacht werden. „Solange nicht klar ist, dass Energie verfügbar und bezahlbar ist, sollten wir die Träume von einem Ausstieg aus dem Kohlestrom 2030 beenden“, sagte Christian Lindner dem „Kölner Stadtanzeiger“. Und für das Klima bringe dieses Datum ohnehin auch nichts, da die in Deutschland eingesparten CO2-Emissionen etwa in Polen zusätzlich anfallen dürften. Das ist mal wieder typisch FDP. Null Vision.

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Wir empfehlen Nachhilfe beim Kollegen Robert Habeck, der nämlich hat Pipelines in der Pipeline. Aus Norwegen. Aus Dänemark. Aus Portugal durch Spanien und Frankreich. Aus Afrika durchs Mittelmeer und Italien. Alle nach Deutschland und voll mit nachhaltigem, billigem Wasserstoff. Kurz gerechnet: Tunis–Berlin sind 2761 Kilometer. Münchens neue S-Bahn-Stammstrecke hat 10 Kilometer, dafür sind 15 Jahre Bauzeit veranschlagt. Also fließt der Wasserstoff aus Afrika schon in 4000 Jahren. Vielleicht sogar bereits in 3500, weil der Italiener pronto schneller baut als wir. Was sein kann. Energiesorgen? Gelöst.

QOSHE - Pipelines in der Pipeline - Holger Appel
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Pipelines in der Pipeline

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05.11.2023

Die Woche ist gut gelaufen, wir spüren Entspannung. Nicht an der politisch-militärischen Front, dort leider nirgends, aber an der wirtschaftlichen. Die Inflationsrate ist im Oktober auf 3,8 Prozent gesunken. Schon tut nicht mehr weh, dass die Rechnung des Autoversicherers fürs kommende Jahr ins Haus flattert, mit gerade mal 16 Prozent höherem Beitrag, obwohl wieder ein unfallfreies Jahr hinter uns liegt. Der Herbst bereitet auch sonst Freude. Es regnet allen Berufsoptimisten zum Trotz, die im Bikinisommer orakelten, das werde es nie wieder tun. Und die Heizung springt zuverlässig an, wie wir zu erkennen meinen mit gewissem Stolz in der Gasflamme, dass sie auf ihre........

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