Das mit dem technischen Fortschritt ist eine vertrackte Sache. Was man auch gegen ihn ins Feld führt, er kommt doch. Erinnern wir uns an 2019, eine Zeit, in der die Autoindustrie nicht ganz unschuldig in arge Defensive geriet. Dem Dieselmotor wurde das Totenglöckchen geläutet, die Internationale Automobilausstellung IAA stand vor dem Ende, nicht nur am jahrzehntelang erfolgreichen Standort Frankfurt, als Messe an sich. Aktivisten und Umwelthilfen hatten Konjunktur und wussten die Lage für ihre Zwecke, die nicht immer lauter erscheinen, zu nutzen. Der Verlauf ist ein Beispiel für kurzatmige Aufgeregtheit. Als im September der die IAA ausrichtende Verband VDA seine Auftaktpressekonferenz in Frankfurt gab, fuhren sieben Mannschaftswagen der Polizei vor. Für vier (!) Demonstranten.

Trotzdem entstand mit medialer und politischer Befeuerung eine Anti-Auto-Stimmung von beträchtlicher Wirkung, die IAA litt, und in der Bevölkerung setzte sich der Eindruck fest, bald dürfe niemand mehr in die Stadt fahren, es werde zumindest zu tageweisen Verboten kommen. Wer damals anmerkte, allein die Erneuerung des Fuhrparks durch Fahrzeuge mit modernsten Abgasreinigungssystemen werde die Luft mindestens so reinhalten wie vom Gesetzgeber gefordert, es sei nur ein wenig Geduld statt Hysterie gefordert, wurde abgekanzelt. Nun ist schon seit Längerem nichts mehr von Grenzüberschreitungen zu hören. Und das Umweltbundesamt, bestimmt nicht des Autolobbyismus verdächtig, meldet auf seiner Homepage: „Am 22. Februar 2024 wurde die Umweltzone Hannover aufgehoben. Aufhebungen von weiteren Umweltzonen sind in Planung.“ Rund 70 Umweltzonen gab es mal, 43 sind übrig, gebraucht wird keine mehr. Sie sind wirkungslos, weil mehr als 90 Prozent der Autos die Abgasstandards erfüllen. Welch schöner Erfolg für die Luft. Und welch schönes Lob für den technischen Fortschritt.

QOSHE - Sauber - Holger Appel
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Sauber

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15.03.2024

Das mit dem technischen Fortschritt ist eine vertrackte Sache. Was man auch gegen ihn ins Feld führt, er kommt doch. Erinnern wir uns an 2019, eine Zeit, in der die Autoindustrie nicht ganz unschuldig in arge Defensive geriet. Dem Dieselmotor wurde das Totenglöckchen geläutet, die Internationale Automobilausstellung IAA stand vor dem Ende, nicht nur am jahrzehntelang erfolgreichen Standort Frankfurt, als Messe an sich. Aktivisten und Umwelthilfen hatten........

© Frankfurter Allgemeine


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