Eine aufgeblasene Gummivagina mit einer Schwimmnudel zu verprügeln, bis sie platzt, auf einen mit einer Damenhandtasche behängten (und damit als Frau kenntlich gemachten) Boxsack nach Herzenslust einzudreschen, Botschaften wie „Schwarze Frauen STINKEN“ auf Pappwände zu schreiben – das alles ist seit Freitag möglich in einem „Funpark“ in Nürnberg, eingerichtet von den Verdi-Männern des Bezirks Oberfranken. Die „Frankenschau“ im Fernsehen des Bayerischen Rundfunks berichtete davon begeistert, dass hier Männer spielerisch im geschützten Raum – man betritt den Park durch einen versteiften Riesenphallus – mit ihren alltäglichen Frustrationserfahrungen umgehen könnten. Wie? Das sei ja widerlich und frauenfeindlich, sagen Sie jetzt? Ja, das ist es. Sie haben recht. Allerdings ist die Nachricht erfunden. Diesen Männerpark gibt es nicht.

Richtig ist, dass die Verdi-Bezirksfrauen Oberfrankens in Nürnberg einen „Ninja Parcours“ eingerichtet haben, den Frauen durch eine riesige Vulva betreten können. Dort haben sie die Möglichkeit, mit Schwimmnudeln Gummipenisse zu verprügeln und dabei Botschaften zu grölen wie „Und für Söder! Und für die AfD!“. Sie dürfen auch auf Hut tragende, als Männer kenntlich gemachte Boxsäcke eindreschen. Und die „Frankenschau“ zeigte am Freitag, dem „Weltfrauentag“, eine junge Frau, die in diesem „Ninja Parcours“ auf eine Pappwand schrieb: „Alte, weiße Männer STINKEN“. Die BR-Journalistin führte begeistert in den Beitrag ein mit dem Satz: „Bei so viel Frauenpower geht den Männern die Luft aus.“ Eine Organisatorin spricht davon, dass Frauen hier „die toxische Männlichkeit auf die Schippe nehmen“ und mit alltäglicher Gewalterfahrung spielerisch umgehen könnten.

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Dreißig Prozent aller Opfer häuslicher Gewalt seien allerdings männlich, sagt die Statistik der Bundesfach- und Koordinierungsstelle Männergewaltschutz vom November 2023. Das ist viel, wenn die Kinder als eigene Opfergruppe gezählt werden. Der Opferschutzbund „Weißer Ring“ spricht sogar von sechzig Prozent Männern. Das mag etwas hoch gegriffen sein. Das „Ärzteblatt“ ging 2017 von zwei Fünfteln, also vierzig Prozent Männern aus.

Dass Männer kaum Verständnis erhoffen für ihre Gewalterfahrung, hat auch damit zu tun, dass die Rede von „toxischer Männlichkeit“ heute vielen über die Lippen geht, ohne den Umweg übers Gehirn genommen zu haben. Doch wo wir angesichts der politischen Erfolge von Alice Weidel, Giorgia Meloni und Marine Le Pen nicht mehr umhinkommen, über femininen Rechtspopulismus zu reden, scheint es auch an der Zeit, über ganz alltägliche toxische Weiblichkeit zu reden.

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Toxische Weiblichkeit, enthemmt

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10.03.2024

Eine aufgeblasene Gummivagina mit einer Schwimmnudel zu verprügeln, bis sie platzt, auf einen mit einer Damenhandtasche behängten (und damit als Frau kenntlich gemachten) Boxsack nach Herzenslust einzudreschen, Botschaften wie „Schwarze Frauen STINKEN“ auf Pappwände zu schreiben – das alles ist seit Freitag möglich in einem „Funpark“ in Nürnberg, eingerichtet von den Verdi-Männern des Bezirks Oberfranken. Die „Frankenschau“ im Fernsehen des Bayerischen Rundfunks berichtete davon begeistert, dass hier Männer spielerisch im geschützten Raum – man betritt den Park durch einen versteiften Riesenphallus – mit ihren alltäglichen Frustrationserfahrungen umgehen könnten. Wie? Das sei ja........

© Frankfurter Allgemeine


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