Ihrer Burg hat die Stadt Königstein viel zu verdanken – schon ihre Existenz, denn die Siedlung ist im Mittelalter im Schatten des Adelssitzes gewachsen. Die Ruine auf ihrem Hügel ist ein Alleinstellungsmerkmal, wie es sich Stadtmarketingleute anderswo nur wünschen können. Im Ort ist man stolz darauf, dass der Expressionist Ernst Ludwig Kirchner die Burg während einer Kur malte. Doch das Gemäuer ist kein Museum, kein Schloss, über dessen Parkett man nur mit Filzpantoffeln gehen darf. Jeden Sommer feiern die Königsteiner ihr größtes Fest, das Burgfest, zwischen den Bruchsteinmauern. Dann ist die Burg voller Menschen, Königsteiner und Gäste aus der Region stehen auf Bastionen zusammen, sitzen unter den Gewölben der Keller und im Festzelt. Beim Ritterturnier im Frühsommer preschen Pferde über die Wiese.

Was sich der Bürgermeister kurz vor dem Ende seiner Amtszeit ausgedacht hat, ist keine schlechte Idee. Nach einigen Jahren, in denen die Stadt zu Halloween die Ruine für junge Besucher schön-schaurig dekoriert hat, soll von diesem Jahr an ein Festival ausgerichtet werden, eine Reihe von zehn Abendveranstaltungen. Dazu soll ein traditionsreiches Halloween-Spektakel aus Südhessen nach Königstein umziehen. Schausteller treten dabei als Monster verkleidet auf. Kinder lieben so etwas, zumindest die, die nicht mehr klein sind, und auch junge Erwachsene haben ihren Spaß. Die Burg könnte in einer Jahreszeit, in der sonst nicht viele Besucher kommen, zu einem Treffpunkt von Ausflüglern werden.

Allerdings hat der Rathauschef Leonhard Helm (CDU) ungeschickt agiert, indem er einen Vorvertrag geschlossen hat, ohne die Parlamentarier einzubeziehen. Nun fühlen sich die Fraktionen übergangen. Eine Abstimmung mit den gewählten Vertretern der Bürger wäre auch deshalb klüger gewesen, weil der Bürgermeister zur Halloween-Zeit gar nicht mehr im Amt sein wird.

Angestoßen wurde die Debatte um das Festival von einer Wählergruppe, die sich schon oft als Nein-Sager und Bremser betätigt hat. Die Aktionsgemeinschaft Lebenswertes Königstein (ALK) würde die Reihe am liebsten verhindern. Das ist ihr bisher nicht gelungen, weil die anderen Fraktionen mit ihrer Entscheidung noch warten wollen. Schon im Oktober waren die Pläne für das Festival auf der Burg bekannt geworden.

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Dass die ALK sich nun, in den Wochen vor der Direktwahl eines neuen Bürgermeisters, mit polemischen Äußerungen aus dem Fenster lehnt, ist dem Wahlkampf geschuldet. Falls die ALK-Bewerberin Nadja Majchrzak die Wahl am Sonntag gewinnen sollte, wird sie eins lernen müssen: Sie kann nicht nur für ruhebedürftige ältere Menschen Politik machen, auch wenn diese einen großen Teil der Bewohnerschaft Königsteins ausmachen.

QOSHE - Die Königsteiner Burg hält das aus - Jan Schiefenhövel
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Die Königsteiner Burg hält das aus

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16.02.2024

Ihrer Burg hat die Stadt Königstein viel zu verdanken – schon ihre Existenz, denn die Siedlung ist im Mittelalter im Schatten des Adelssitzes gewachsen. Die Ruine auf ihrem Hügel ist ein Alleinstellungsmerkmal, wie es sich Stadtmarketingleute anderswo nur wünschen können. Im Ort ist man stolz darauf, dass der Expressionist Ernst Ludwig Kirchner die Burg während einer Kur malte. Doch das Gemäuer ist kein Museum, kein Schloss, über dessen Parkett man nur mit Filzpantoffeln gehen darf. Jeden Sommer feiern die Königsteiner ihr größtes Fest, das Burgfest, zwischen den Bruchsteinmauern. Dann ist die Burg voller Menschen, Königsteiner und Gäste aus der Region stehen auf Bastionen zusammen, sitzen unter den Gewölben der Keller und im........

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