Eine Fabrik steht still, mutmaßlich aufgrund eines Terroranschlags auf einen Strommasten. Nebengeschädigt sind Tausende Anwohner sowie Gewerbetreibende und Arztpraxen, alle halt, die kein Notstromaggregat im Keller vorhalten. Dass der Innenminister Brandenburgs einen besseren Schutz kritischer Infrastrukturen fordert, ist so löblich wie aus seinem Amt heraus verständlich.

Doch Widerstandsfähigkeit gegenüber äußeren Bedrohungen, neudeutsch Resilienz, erfordert mehr als bessere Bewachung, sei es durch Kameras, Wachleute oder Zäune. Sie ist schon in der Planung von Infrastrukturen zu berücksichtigen, sofern deren Ausfall das öffentliche Leben oder die Verteidigungsfähigkeit beeinträchtigen würde. ­Daher gilt für die Auslegung von Hochspannungsnetzen eigentlich das (n-1)-Prinzip. Es besagt schlicht, dass jedes Netz (n) den Ausfall einer Leitung (minus 1) verkraften kann, ohne dass es zu großflächigen Blackouts kommt. Technisch ist das durch die Doppelverlegung von Leitungen auf derselben Trasse nur unzureichend erfüllt, es sind auch Ausweichstrecken mit ausreichend freier Kapazität zu definieren.

Warum Letzteres in Grünheide nicht erfolgte, wäre noch zu klären, aber es könnte sich als wichtiger erweisen, die gesamte Strominfrastruktur darauf zu prüfen, wie sich Angriffe auf einzelne Systemkomponenten auswirken. Das gilt insbesondere für die vom Bundesrechnungshof jüngst gerügte ­Planung für gesicherte Erzeugungsleistung und die großen Nord­-Süd-Stromtrassen. Auch andere In­frastrukturen, etwa im Verkehr, könnten davon profitieren, wenn vom schlimmsten anzunehmenden Fall her gedacht würde, meist also dem Verteidigungsfall. Das kostet Geld. Doch auch dem scharf kalkulierenden Betriebswirt scheinen die mit Reserven einhergehenden Kosten nur so lange überflüssig, wie der Ernstfall nicht eintritt.

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Die n-1-Regel

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12.03.2024

Eine Fabrik steht still, mutmaßlich aufgrund eines Terroranschlags auf einen Strommasten. Nebengeschädigt sind Tausende Anwohner sowie Gewerbetreibende und Arztpraxen, alle halt, die kein Notstromaggregat im Keller vorhalten. Dass der Innenminister Brandenburgs einen besseren Schutz kritischer Infrastrukturen fordert, ist so löblich wie aus seinem Amt heraus verständlich.

Doch Widerstandsfähigkeit gegenüber äußeren Bedrohungen, neudeutsch Resilienz, erfordert mehr als bessere Bewachung, sei es durch........

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