Auf seiner Reise durch die Vereinigten Staaten ist Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) voll des Lobes für die deutsch-amerikanischen Wirtschaftsbeziehungen. So eng, so vertrauensvoll, so gut wie lange nicht seien diese. Was die Gesprächsatmosphäre betrifft, mag das stimmen. Für Habeck öffnen sich in Washington viele Türen, nicht nur die seiner direkten Amtskollegen. Inhaltlich aber sind die Differenzen zwischen beiden Seiten unübersehbar.

Habeck stört, dass die Amerikaner mit den Steuergutschriften aus dem Inflation Reduction Act (IRA) Unternehmen aus Deutschland weglocken. Nationalismus schade nicht nur ei­nem, sondern am Ende allen, warnt der Wirtschaftsminister. Das entbehrt nicht einer gewissen Ironie, betreibt Habeck doch selbst eine protektionistische Wirtschaftspolitik.

Milliarden für die Ansiedlung von Chipfabriken, strenge Prüfungen chinesischer Investoren und bald womöglich auch „Resilienzboni“ für Solarpaneele aus Deutschland: Das alles ist nicht nur eine Reaktion auf den IRA, sondern sein Verständnis von Industriepolitik.

Zudem haben Habeck und seine Partei maßgeblich dazu beigetragen, dass Deutschland jetzt so in der Defensive ist. Vor zehn Jahren machten die Grünen mächtig Stimmung gegen ein Freihandelsabkommen zwischen der EU und den Vereinigten Staaten. Das Chlorhühnchen wurde zum Inbegriff des Bösen stilisiert, Schiedsgerichte ebenso.

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Habeck warnte damals vor nicht weniger als einer Rückabwicklung der sozialen Marktwirtschaft. Das rächt sich jetzt. Gäbe es TTIP, müsste die Bundesregierung nicht seit einem Jahr darum buhlen, dass auch Elektroautos deutscher Hersteller vom IRA profitieren.

Ein Lerneffekt ist indes nicht zu beobachten. Die Zustimmung zu dem Abkommen mit Kanada gaben die Grünen nur widerwillig. Eines mit den Mercosurstaaten wird es angesichts des vereinten Widerstands von Landwirten und Umweltschützern so schnell nicht geben. Auch die EU-Kommission trägt mit ihren hohen Ansprüchen an Sozial- und Umweltstandards dazu bei, dass Freihandelsabkommen kaum noch möglich sind. Für ein Exportland wie Deutschland sind das keine guten Aussichten.

QOSHE - Der Antifreihändler - Julia Löhr
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Der Antifreihändler

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08.03.2024

Auf seiner Reise durch die Vereinigten Staaten ist Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) voll des Lobes für die deutsch-amerikanischen Wirtschaftsbeziehungen. So eng, so vertrauensvoll, so gut wie lange nicht seien diese. Was die Gesprächsatmosphäre betrifft, mag das stimmen. Für Habeck öffnen sich in Washington viele Türen, nicht nur die seiner direkten Amtskollegen. Inhaltlich aber sind die Differenzen zwischen beiden Seiten unübersehbar.

Habeck stört, dass die Amerikaner mit den Steuergutschriften aus dem Inflation Reduction Act (IRA) Unternehmen aus Deutschland weglocken. Nationalismus........

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