Wer in den vergangenen Jahren mit Managern der Deutschen Bahn über die dringend notwendigen Neubaustrecken sprach, hatte den Eindruck, alles sei möglich. Das Planungsrecht weiter vertrackt, Genehmigungszeiten zu lang, aber Geld spielte keine Rolle in den immer größer gedachten Plänen, den Betrieb auf einen zeitgemäßen Stand zu bringen, weder im Konzern selbst noch im Bundesverkehrsministerium. Die Unbeschwertheit, mit der 2018 die alte Idee eines Fernbahntunnels unter Frankfurt auflebte, dessen Kosten schon damals auf 3,6 Milliarden Euro geschätzt wurden, zählte dazu.

Am Wochenende sind diese schönen Zeiten unverhofft zu Ende gegangen. Der Konzern kündigte an, Neubauvorhaben auf Eis zu legen. Die offiziellen Äußerungen zu den durchgestochenen Plänen waren wie meist bei der Deutschen Bahn misslungen, sodass auch weiterhin niemand recht weiß, was nun an Streichungen droht und was nicht.

Überhaupt ist unklar, was die Kürzung von Bundesmitteln für die Zeit bis 2029 für Vorhaben bedeuten soll, bei denen bis dahin doch noch überhaupt keine Bagger anrollen. Zumindest für ein Vorantreiben der schon weit fortgeschrittenen Planungen sollte es doch am Geld nicht fehlen.

Es kann sein, dass all dies nur ein Spiel über Bande ist. An der Spitze der Deutschen Bahn ärgert man sich über Kürzungen von Zuschüssen, man droht mit diesem und jenem, die Aufregung ist groß, der Druck aus den Ländern auf den Bund wächst, die vom Konzern gewünschten Mittel werden doch bewilligt.

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Aber auch wenn es so ist: Die Verwirrung vom Wochenende lässt befürchten, dass der Schwung der vergangenen Jahre, die Deutsche Bahn auf ein modernes Level zu heben, erlahmt. Politikern fällt es schwer, in langen Zeiträumen zu denken, und bei der Schiene geht es stets um Jahrzehnte. Das mag nachvollziehbar sein, falsch es ist dennoch.

Ohne ein leistungsfähiges Eisenbahnnetz, auf dem komfortable Züge in dichtem Takt pünktlich verkehren und auf dem sich zureichend Platz für Güterzüge findet, kann man alle Pläne für eine Neuausrichtung der Verkehrspolitik hin zu mehr Umweltfreundlichkeit vergessen. Und niemand soll sagen, es fehle wirklich am Geld dafür. Nahezu in jedem Monat denken sich Politiker neue Sozialleistungen und Subventionen aus. Wer diese Wucherungen zurückschnitte, ja, wer nur den Zuwachs stoppte, gewönne riesige Spielräume im Bundeshaushalt. Spielräume, um die Zukunft dieses Landes zu sichern. Nicht nur, aber auch mit einer modernen Bahn.

QOSHE - Das Ende der Unbeschwertheit - Manfred Köhler
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Das Ende der Unbeschwertheit

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05.02.2024

Wer in den vergangenen Jahren mit Managern der Deutschen Bahn über die dringend notwendigen Neubaustrecken sprach, hatte den Eindruck, alles sei möglich. Das Planungsrecht weiter vertrackt, Genehmigungszeiten zu lang, aber Geld spielte keine Rolle in den immer größer gedachten Plänen, den Betrieb auf einen zeitgemäßen Stand zu bringen, weder im Konzern selbst noch im Bundesverkehrsministerium. Die Unbeschwertheit, mit der 2018 die alte Idee eines Fernbahntunnels unter Frankfurt auflebte, dessen Kosten schon damals auf 3,6 Milliarden Euro geschätzt wurden, zählte dazu.

Am Wochenende sind diese schönen Zeiten unverhofft zu Ende gegangen. Der Konzern kündigte an,........

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