An diesem Dienstag ist es ein Jahr her, dass die Frankfurter Mike Josef (SPD) zu ihrem Oberbürgermeister gewählt haben. Auch wenn es bis zur Einführung in das Amt noch ein paar Wochen dauerte, war der Abend des 26. März das lange ersehnte Aufbruchsignal nach den bleiernen Jahren, in denen alles um das Scheitern und die Abwahl seines Vorgängers kreiste. Mit Uwe Becker (CDU) und Josef waren zwei achtbare Kandidaten in die Stichwahl gekommen. Josef überzeugte mit seiner Begeisterungsfähigkeit, seiner unbändigen Lust auf das Amt.

Tatsächlich hat sich der neue Oberbürgermeister in den vergangenen Monaten als der größte Aktivposten im Magistrat erwiesen. Er hat die Lösung für die Städtischen Bühnen vorangebracht und sich mit der Einführung der Waffenverbotszone im Bahnhofsviertel durchgesetzt. Er repräsentiert die Stadt so, wie sie repräsentiert werden sollte. Er findet die richtigen Worte, was etwa beim Nahostkonflikt, der viele in der Stadt bewegt, nicht einfach ist.

Auch Josef hat es aber nicht vermocht, die seit 2021 regierende Koalition aus Grünen, SPD, FDP und Volt in die Spur zu bringen. Ihr Handeln bleibt erratisch und insgesamt unzureichend. Allein die eigensinnige, mit aller Kraft gegen den Autoverkehr gerichtete Verkehrspolitik wird ohne Rücksicht auf Verluste durchgezogen. Sonst ploppt bloß einmal hier, einmal dort eine Entscheidung auf. In der vergangenen Woche rühmte sich das Viererbündnis, dass es sich in „Verhandlungen“ mit einer Initiative, die einen Bürgerentscheid für eine offensivere Umweltpolitik angedroht hatte, auf einen engeren Zeitplan für seine eigenen Projekte verständigt hat. Dass die Koalition selbst bei ihrem Leib-und-Magen-Thema gemahnt werden muss, endlich voranzukommen, spricht Bände.

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Auf anderen Feldern wünschte man sich allerdings, es gäbe gelegentlich Mahnungen. Der Kulturcampus ist in der Weise, wie er über ein Jahrzehnt diskutiert wurde, offenbar gescheitert. Bei der Europäischen Schule ist nach wie vor keine konsensfähige Lösung gefunden. Der neue Doppelhaushalt ist trotz eines Rekords bei der Gewerbesteuer defizitär. Manche Dezernenten sind auf sehr eigenen Wegen unterwegs.

Josef ist nach der Hessischen Gemeindeordnung nicht mehr als ein Erster unter Gleichen. Aber die Blicke richten sich auch ein Jahr nach der Wahl vor allem auf ihn, wenn es um die Frage geht, ob die Frankfurter Kommunalpolitik den Aufgaben, die ihr gestellt werden, gerecht wird. Zur Stunde wird man diese Frage nicht bejahen können.

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Mike Josef ist der größte Aktivposten im Frankfurter Römer

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25.03.2024

An diesem Dienstag ist es ein Jahr her, dass die Frankfurter Mike Josef (SPD) zu ihrem Oberbürgermeister gewählt haben. Auch wenn es bis zur Einführung in das Amt noch ein paar Wochen dauerte, war der Abend des 26. März das lange ersehnte Aufbruchsignal nach den bleiernen Jahren, in denen alles um das Scheitern und die Abwahl seines Vorgängers kreiste. Mit Uwe Becker (CDU) und Josef waren zwei achtbare Kandidaten in die Stichwahl gekommen. Josef überzeugte mit seiner Begeisterungsfähigkeit, seiner unbändigen Lust auf das Amt.

Tatsächlich hat sich der neue Oberbürgermeister in den vergangenen Monaten als der größte Aktivposten im Magistrat erwiesen. Er hat die Lösung für........

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