Da hat sie nun halt Pech gehabt, die neue hessische Landesregierung, dass sie ihr „Sofortprogramm“ in Wiesbaden an einem Tag vorstellte, an dem sich unerwartet alle Blicke auf Frankfurt richteten, da diese Stadt am Abend zuvor im Wettbewerb um die Ansiedlung der Anti-Geldwäsche-Behörde den Sieg davongetragen hatte. Der Zwölf-Punkte-Plan von CDU und SPD ist also am Freitag etwas untergegangen; dabei will die Landesregierung unter anderem jeden, der erstmals Immobilieneigentum erwirbt, mit 10.000 Euro unterstützen, will Vereine von Gema-Gebühren befreien und die Jagd auf den Wolf erleichtern, will den Glasfaserausbau voranbringen, in Schwimmbäder investieren und den Deutschunterricht intensivieren.

Ein Sammelsurium, ja sicher. Auch wenn man sich die anderen Punkte anschaut, um die sich die Minister zunächst kümmern wollen, wird ein roter Faden nicht erkennbar. Aber für den Moment ist das nicht schlimm. Im Moment erscheint es im Gegenteil als geradezu angenehm, dass einmal verantwortliche Politiker einfach Schwierigkeiten lösen möchten, die zu lösen sie gewählt worden sind, und eben nicht gleich alles ganz anders machen möchten, grundlegende Umbauten anstreben oder gar die Rettung der Welt.

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Wohin überzogene Ziele führen, kann man sich seit nahezu drei Jahren in Frankfurt anschauen, wo sich eine Vier-Parteien-Koalition auf einen groß angelegten Stadtumbau verständigt und damit verhoben hat. Das führt nun entweder zu kopfloser Hektik, so beim Verkehr, oder zu Untätigkeit und Konfusion, wie sie sich zum Beispiel beim Kulturcampus beobachten lässt. Das unverhoffte Glück, dass Frankfurt eine weitere EU-Behörde zugesprochen wurde, überstrahlt nur kurz die insgesamt bescheidene Bilanz des Römerbündnisses nach mehr als der Hälfte der Wahlperiode.

Gelegentlich wird auch der Ministerpräsident einmal sagen müssen, wohin er Hessen als mittelgroßes, aber wirtschaftsstarkes Bundesland steuern will. Für den Moment aber reicht genau das aus, was am Freitag geschehen ist: Minister streben überschaubare Ziele an und werden sie dann hoffentlich auch erreichen. Das Unaufgeregte und die Distanz zum sonst allgegenwärtigen Weltverbesserertum, die sich auch schon im Koalitionsvertrag zeigte, erscheint derzeit als das Sympathischste der neu formierten Landesregierung.

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Sympathisches Sammelsurium

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26.02.2024

Da hat sie nun halt Pech gehabt, die neue hessische Landesregierung, dass sie ihr „Sofortprogramm“ in Wiesbaden an einem Tag vorstellte, an dem sich unerwartet alle Blicke auf Frankfurt richteten, da diese Stadt am Abend zuvor im Wettbewerb um die Ansiedlung der Anti-Geldwäsche-Behörde den Sieg davongetragen hatte. Der Zwölf-Punkte-Plan von CDU und SPD ist also am Freitag etwas untergegangen; dabei will die Landesregierung unter anderem jeden, der erstmals Immobilieneigentum erwirbt, mit 10.000 Euro unterstützen, will Vereine von Gema-Gebühren befreien und die Jagd auf den Wolf erleichtern, will den Glasfaserausbau voranbringen, in........

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