Es gibt vieles, auch in der Verkehrspolitik, worüber sich die Deutschen heftig streiten. Aber nahezu jeder findet es richtig, dass das Eisenbahnnetz ausgebaut wird. Trotzdem geht es nur im Schneckentempo voran. Das kann man in diesen Tagen im Rhein-Main-Gebiet sehen. Die Deutsche Bahn möchte nahe dem Wiesbadener Autobahnkreuz eine Querverbindung zwischen zwei existierenden Strecken bauen. Die neuen Gleise werden die Fahrzeit vom Hauptbahnhof der Landeshauptstadt zum Frankfurt Flughafen auf 16 Minuten verkürzen. Bisher dauert die Fahrt mindestens eine halbe, oft eine Dreiviertelstunde.

Niemand sagt, das Vorhaben sei unsinnig. Es gibt keine Bürgerinitiative, die sich gegen die neue, vier Kilometer lange Trasse wehrt. Es ist kein komplizierter Tunnel zu bauen und keine Brücke über ein tiefes Tal. Und nun teilt die Deutsche Bahn mit, dass sich der Baubeginn um nicht weniger als ein Jahr verzögert. Warum? Der Konzern hatte den Antrag auf Planfeststellung – das ist quasi der Bauantrag – Anfang 2023 bei der zuständigen Behörde eingereicht, das ist das Eisenbahnbundesamt. Im Oktober aber musste die Deutsche Bahn den Antrag zurückziehen. Jetzt, im März, wird er neuerlich eingereicht. So geht die Zeit ins Land.

Warum? Weil zwischendurch Richtlinien verändert wurden. Und weil der rechtliche Rahmen für Eingriffe in die Natur nicht mehr durch die Landeskompensationsverordnung bestimmt wird, sondern neuerdings durch die Bundeskompensationsverordnung.

Wie immer hat Bürokratie eine eigene Logik. Wahrscheinlich sind weder die neuen Richtlinien falsch, noch fehlt es an Gründen, warum es anstelle der Landeskompensationsverordnungen nun eine einheitliche Bundeskompensationsverordnung geben muss. Aber so geht es nicht voran. Ein Jahr Zeitverlust ist nicht wenig, wenn man sich anschaut, welcher Druck sonst gemacht wird in der Umweltpolitik.

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Und es ist nicht das erste Mal. Für die künftige Schnellfahrstrecke von Frankfurt nach Mannheim hatte die Deutsche Bahn schon im November 2021 für den ersten Abschnitt südlich von Zeppelinheim den Antrag auf Planfeststellung eingereicht. Nach einem Jahr musste sie ihn zurückziehen. Seitdem wird er überarbeitet. Auch dort geht es keineswegs um ein besonders kompliziertes Vorhaben. Die zwei Gleise werden neben der Autobahn verlegt werden.

Die Wallauer Spange zwischen Wiesbaden und Frankfurt ist nur ein kleines Beispiel. Aber es steht dafür, dass man sich in diesem Land selbst auf den Füßen steht. Selbst wenn Vorhaben nicht umstritten sind, kommen sie nur im Schneckentempo voran. So wird es nichts mit der Neuausrichtung der Verkehrspolitik.

QOSHE - Warum es mit der Deutschen Bahn nicht vorangeht - Manfred Köhler
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Warum es mit der Deutschen Bahn nicht vorangeht

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21.03.2024

Es gibt vieles, auch in der Verkehrspolitik, worüber sich die Deutschen heftig streiten. Aber nahezu jeder findet es richtig, dass das Eisenbahnnetz ausgebaut wird. Trotzdem geht es nur im Schneckentempo voran. Das kann man in diesen Tagen im Rhein-Main-Gebiet sehen. Die Deutsche Bahn möchte nahe dem Wiesbadener Autobahnkreuz eine Querverbindung zwischen zwei existierenden Strecken bauen. Die neuen Gleise werden die Fahrzeit vom Hauptbahnhof der Landeshauptstadt zum Frankfurt Flughafen auf 16 Minuten verkürzen. Bisher dauert die Fahrt mindestens eine halbe, oft eine Dreiviertelstunde.

Niemand sagt, das Vorhaben sei unsinnig. Es gibt keine Bürgerinitiative, die sich gegen die neue, vier Kilometer lange Trasse........

© Frankfurter Allgemeine


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