Wenn es noch eines Beweises bedürft hätte, dass die Schuldenbremse ausreichend flexibel ist, liefert ihn der Bundeshaushalt 2024. Die Regierung bezifferte die zulässige Nettokreditaufnahme im vergangenen Sommer auf 16,5 Milliarden Euro. Daraus sind nun auf schier wundersame Weise 39 Milliarden Euro geworden. Und die Koalition schöpft das bis auf die letzte Million aus.

Wer seinen Kreditrahmen komplett in Anspruch nimmt, spart nicht, sondern lebt finanziell riskant. Wenn später etwas dazwischenkommt, findet man sich in einer Notlage wieder. Was viele schrecken würde, kümmert die Ampel nicht. Zwei der drei Partner legen es darauf an. SPD und Grüne hoffen weiterhin, die Schuldenbremse doch noch aussetzen zu können, um mehr Kredite aufnehmen zu können.

Zurück zur Regelgrenze: Erlaubt ist zunächst eine strukturelle Neuverschuldung von 0,35 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Strukturell heißt, konjunkturelle Effekte werden ausgeblendet. Hier profitierte die Koalition vom späten Abschluss der Verhandlungen, da man auf die Wirtschaftstätigkeit des Vorjahres schaut. Das macht 900 Millionen Euro im Vergleich zum Kabinettsentwurf aus.

Die schwache Konjunktur erweitert den Spielraum gegenüber dem Sommer nochmals um rund 5 Milliarden Euro. Hinzu kommen „finanzielle Transaktionen“. Wenn man mit Krediten Finanzwerte erwirbt, ändert sich das Nettovermögen nicht, deswegen wird das auch beim Staat neutral verbucht. Aktienrente, mehr Eigenkapital für die Bahn und kleinere Dinge machen hier fast 17 Milliarden Euro aus. So wirtschaft die Koalition großzügig auf Kosten der Zukunft. Auch die verbliebe Rücklage wird weitgehend aufgebraucht.

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Wie geht es weiter? Wenn der Bundestag Anfang Februar den Haushalt für dieses Jahr beschlossen hat, muss der Etat 2025 angepackt werden. Auch da sind die Wünsche größer als die Möglichkeiten – und das in einem Wahljahr.

Doch die nächste Regierung wird noch größere Probleme zu lösen haben, weil in ihrer Zeit erste Krisenkredite getilgt werden müssen. Deswegen sollte niemand in Berlin vergessen: Die Schulden von heute sind die Lasten von morgen.

QOSHE - Vom Sparen kann keine Rede sein - Manfred Schäfers, Berlin
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Vom Sparen kann keine Rede sein

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19.01.2024

Wenn es noch eines Beweises bedürft hätte, dass die Schuldenbremse ausreichend flexibel ist, liefert ihn der Bundeshaushalt 2024. Die Regierung bezifferte die zulässige Nettokreditaufnahme im vergangenen Sommer auf 16,5 Milliarden Euro. Daraus sind nun auf schier wundersame Weise 39 Milliarden Euro geworden. Und die Koalition schöpft das bis auf die letzte Million aus.

Wer seinen Kreditrahmen komplett in Anspruch nimmt, spart nicht, sondern lebt finanziell riskant. Wenn später etwas dazwischenkommt, findet man sich in einer Notlage wieder. Was viele schrecken würde, kümmert die Ampel........

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