Die mit Warnbaken und Umleitungsschildern vollgestellte Darmstädter Rheinstraße sieht aus, als könnte es dort morgen schon losgehen mit dem Bau. Wird es aber nicht! Weil der Deutschen Bahn, die 2024 andernorts – etwa auf der südhessischen Riedbahnstrecke – genug zu tun hat, die Facharbeiter fehlen, um in Darmstadt auch noch eine Großbaustelle einzurichten. Deshalb wurde der seit Jahren geplante Neubau der Rheinstraßenbrücke, die in Bahnhofsnähe über die Gleise führt, kurz vor Weihnachten erst mal wieder abgeblasen. Was im Rathaus der Stadt, die bei dem am Ende voraussichtlich mehr als 100 Millionen Euro teuren Vorhaben einen großen Teil der Kosten zu stemmen hat, niemanden so wirklich zu stören scheint.

Wenn man genauer hinhört, ist gar ein Aufatmen zu vernehmen. Oder wie soll man die Reaktion des neuen Oberbürgermeisters, Hanno Benz (SPD), auf die zumindest für die Bürger völlig überraschend gekommene Bahn-Absage sonst verstehen? Nun müsse die Chance genutzt werden, um „eine solide und effiziente Planung auf die Beine zu stellen“. Was im Umkehrschluss bedeutet, dass die vorliegenden Konzepte und Entwürfe, die 2015 aus einem Wettbewerb hervorgegangen sind, nach Ansicht des Rathauschefs nicht allzu viel mit „klugem Pragmatismus“ und „realisierbaren Lösungen“ zu tun haben.

Da die beiden für Planung und Mobilität zuständigen Dezernenten, Michael Kolmer (Die Grünen) und Paul Georg Wandrey (CDU), das offenbar genauso sehen, fragt man sich im Nachhinein schon, wer die bisher präferierte Planung denn für gut befunden und gefördert hat. Und: wer denn die Vorverträge mit der Bahn ausgehandelt hat, die es dem Mobilitätsunternehmen jetzt erlaubten, eines der wichtigsten Darmstädter Infrastrukturprojekte von heute auf morgen stillzulegen.

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Die Hoffnung der Stadt, mithilfe einer modernen Spannbeton-Konstruktion womöglich zu einer besseren und günstigeren Lösung für die Ein- und Ausfallstraßen zu kommen, ist aber eine Schimäre. Denn ein solches Bauwerk muss, wie der Architektenwettbewerb deutlich gemacht hat, als Stadttor nicht nur architektonisch hohe Ansprüche, sondern auch viele funktionale Aufgaben erfüllen. Anstatt von einem neuen „großen Wurf“ zu träumen, sollte sich die Rathausspitze auf das Machbare konzentrieren, sprich: die Bahnmitarbeiter schnellstmöglich auf die Baustelle holen. Damit das Werk doch noch, so wie geplant, bis 2027 gelingen kann.

QOSHE - Darmstadt sollte loslegen - Markus Schug
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Darmstadt sollte loslegen

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27.12.2023

Die mit Warnbaken und Umleitungsschildern vollgestellte Darmstädter Rheinstraße sieht aus, als könnte es dort morgen schon losgehen mit dem Bau. Wird es aber nicht! Weil der Deutschen Bahn, die 2024 andernorts – etwa auf der südhessischen Riedbahnstrecke – genug zu tun hat, die Facharbeiter fehlen, um in Darmstadt auch noch eine Großbaustelle einzurichten. Deshalb wurde der seit Jahren geplante Neubau der Rheinstraßenbrücke, die in Bahnhofsnähe über die Gleise führt, kurz vor Weihnachten erst mal wieder abgeblasen. Was im Rathaus der Stadt, die bei dem am Ende voraussichtlich mehr als 100 Millionen Euro teuren Vorhaben einen großen Teil der Kosten........

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