Schnell und günstig geht in Deutschland ohnehin fast nichts. Und schon gar nicht beim Straßenbau – oder sagen wir besser: bei der Ertüchtigung von In­frastruktur. Da braucht es in aller Regel einen langen Atem und inzwischen immer öfter auch dreistellige Millionenbeträge. Ganz gleich, wie überschaubar die Baustelle auch sein mag. In Darmstadt hätten sie also Glück, wenn es für gerade einmal 100 Millionen Euro und bis 2027 tatsächlich klappen würde mit dem Neubau der in die Jahre gekommenen Rheinstraßenbrücke. Wobei die ursprünglich einmal kalkulierten Kosten zunächst bei 30 Millionen, später dann bei 60 Millionen Euro gelegen haben. Und ehrlich gesagt: Bis zur geplanten Fertigstellung kann noch viel schiefgehen.

Bis dato läuft die Sache aber eigentlich ganz gut. Selbst wenn die im Frühjahr eingerichtete Großbaustelle – trotz eines intelligenten Einbahnstraßenringe-Systems – im Berufsverkehr oder aktuell auch an den Adventssamstagen womöglich doch viele Autofahrer nervt. In Darmstadt, wo die nun für gut drei Monate gesperrte Rheinstraße schnurstracks auf den Luisenplatz, das Carree und die Centralstation zuläuft, zeugen allein schon die vielen im Untergrund angelegten Tiefgaragen davon, dass der Auto fahrende Kunde über Jahrzehnte hinweg Hauptzielgruppe des Einzelhandels gewesen ist. Und zwei Drittel der gut 110.000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigen in der Stadt gehören einer aktuellen Erhebung zufolge zur Gruppe der Einpendler, von denen wohl immer noch viele aufs Auto angewiesen sind.

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Wenn künftig also wieder einmal von einer schnellen Verkehrswende die Rede ist, die sich bestimmt auch viele Bürger wünschen, darf mit Blick auf die übliche Ausbaugeschwindigkeit bei der Modernisierung auf Bahnstrecken und Autobahnen durchaus auf die Euphoriebremse getreten werden. In Mainz zum Beispiel wartet man bereits seit mehr als drei Jahrzehnten auf die Verbreiterung des Autobahnrings.

Immerhin sind mit der Schiersteiner Brücke und der Salzbachtalbrücke mittlerweile zwei in die ganze Region ausstrahlende Verkehrsprojekte zum größten Teil fertiggestellt. Derweil am Darmstädter Kreuz und am Rüsselsheimer Dreieck noch eifrig gebaut wird. Und neuerdings eben auch auf der Rheinstraße, der genauer betrachtet ja nur eine gut 200 Meter lange und knapp 44 Meter breite neue Brücke fehlt – zum Glück.

QOSHE - Vergesst nicht die Autofahrer - Markus Schug
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Vergesst nicht die Autofahrer

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20.12.2023

Schnell und günstig geht in Deutschland ohnehin fast nichts. Und schon gar nicht beim Straßenbau – oder sagen wir besser: bei der Ertüchtigung von In­frastruktur. Da braucht es in aller Regel einen langen Atem und inzwischen immer öfter auch dreistellige Millionenbeträge. Ganz gleich, wie überschaubar die Baustelle auch sein mag. In Darmstadt hätten sie also Glück, wenn es für gerade einmal 100 Millionen Euro und bis 2027 tatsächlich klappen würde mit dem Neubau der in die Jahre gekommenen Rheinstraßenbrücke. Wobei die ursprünglich einmal kalkulierten Kosten zunächst bei 30 Millionen, später dann bei 60 Millionen Euro gelegen........

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