Wer Verstöße gegen das Urheberrecht begehen will, kann das künftig auf der Überholspur tun. Mit 220 Sachen auf der Geraden – gar kein Problem, so man über die entsprechenden Pferdestärken verfügt und – in einem Volkswagen fahrend.

VW nämlich schließt seinen Autopiloten beziehungsweise den firmeneigenen Sprachassistenten IDA mit ChatGPT kurz, dem Chatbot von Open AI, der angeblich alles weiß und alle Fragen beantworten kann, die einem in den Sinn kommen, wenn man freie Fahrt hat oder – das ist die häufigere Variante auf deutschen Straßen, auch wenn sich nicht gerade die Letzte Generation irgendwo festklebt oder Bauern die Fahrbahn blockieren – im Stau steht.

Vor vierzig Jahren hat das im Fernsehen K.I.T.T. vorgemacht, die mit Künstlicher Intelligenz ausgestattete Karosse des „Knight Rider“, eines modernen Robin Hood, unterwegs im Kampf für die Rechtlosen und Entehrten: „Ein Mann und sein Auto kämpfen gegen das Unrecht“, wie es im deutschen Text zur Serie hieß. K.I.T.T. war nicht nur umfassend gebildet, sondern auch freundlich und zugewandt, ein Ratgeber in allen Lebenslagen, ein echter „Kumpel“ (so sprach ihn David Has­selhoff in der Rolle des Michael Knight auch immer an) mit „Turbo Boost“, der selbständig denkt und fährt.

Elon Musk wird die Serie mit dem aufgemotzten Pontiac Firebird Trans Am bestimmt gesehen haben. Und es würde uns gar nicht wundern, wenn Teslas schon bald mit „Grok“ verbunden wären, Musks eigener KI-Entwicklung, die bei Fragen zur aktuellen Weltlage ChatGPT angeblich lässig überrundet.

Mit dem Nexus zu ChatGPT könnte sich VW allerdings ein rechtliches Problem einfangen. Die „New York Times“ verklagt dessen Entwickler Open AI und Microsoft bekanntlich wegen Verstoßes gegen das Urheberrecht. ChatGPT werde mit Unmengen von Artikeln (unter anderem) der „Times“ gefüttert, ohne dass die Zeitung dafür entschädigt würde. Bei dem Streit geht es grundsätzlich um das Urheberrecht, aber auch um Schadenersatz und entgangenen Gewinn. Open AI hat eingeräumt, dass sich ChatGPT nicht ohne urheberrechtlich geschützte Inhalte auf Touren bringen lasse, doch wolle man sich Verstöße nicht erlauben.

Gegen den Vorwurf, man höhle das Urheberrecht heimlich aus, wehrt sich Open AI mit der bislang schwer nachzuvollziehenden Darlegung, die „New York Times“ habe ihre Anfragen an ChatGPT, mit denen sie dem Chatbot Inhalte entlockte, die aus der Zeitung stammten, ohne dass dies ausgewiesen worden wäre, manipuliert. Und so was soll ins Auto?

Mehr zum Thema

1/

Künstliche Intelligenz : Volkswagen bringt ChatGPT in seine Autos

Hessens Unternehmen legen vor : Rhein-Main will zur Hochburg für KI werden

SUV von VW für Amerika : Atlas, übernehmen Sie!

Auf jeden Fall kann man sich in einem VW Artikel aus dem Hause Springer vorlesen lassen. Der Medienkonzern hat gerade einen Exklusivdeal mit Open AI geschlossen. Doch ob die Lektürevorlesung für das volle „Fahrvergnügen“ reicht?

QOSHE - Fahrvergnügen - Michael Hanfeld
menu_open
Columnists Actual . Favourites . Archive
We use cookies to provide some features and experiences in QOSHE

More information  .  Close
Aa Aa Aa
- A +

Fahrvergnügen

8 0
09.01.2024

Wer Verstöße gegen das Urheberrecht begehen will, kann das künftig auf der Überholspur tun. Mit 220 Sachen auf der Geraden – gar kein Problem, so man über die entsprechenden Pferdestärken verfügt und – in einem Volkswagen fahrend.

VW nämlich schließt seinen Autopiloten beziehungsweise den firmeneigenen Sprachassistenten IDA mit ChatGPT kurz, dem Chatbot von Open AI, der angeblich alles weiß und alle Fragen beantworten kann, die einem in den Sinn kommen, wenn man freie Fahrt hat oder – das ist die häufigere Variante auf deutschen Straßen, auch wenn sich nicht gerade die Letzte Generation irgendwo festklebt oder Bauern die Fahrbahn blockieren – im Stau steht.

Vor vierzig Jahren hat das im Fernsehen K.I.T.T. vorgemacht, die mit........

© Frankfurter Allgemeine


Get it on Google Play