Die rheinland-pfälzische Staats­sekretärin Heike Raab (SPD) hat ihre Intervention beim Südwestrundfunk vor dem Medienausschuss des Landtags am Donnerstag verteidigt. Sie stehe voll und ganz zu ihren Aussagen, sagte sie. Um den Versuch politischer Einflussnahme sei es nicht gegangen, sie habe das „Jedermannrecht“ in Anspruch genommen, Kritik am Programm zu üben.

Zur Erinnerung: Raab hatte sich an die Chefin des Landesfunkhauses in Mainz, Ulla Fiebig, gewendet und über den SWR-Korrespondenten Georg Link beschwert. Link hatte in einer Sendung dem Sinn nach gesagt, es sei wohl bundesweit einmalig, dass jemand wie der ehemalige Innenminister Roger Lewentz, der als Minister wegen seiner Verantwortung für die Toten der Ahrtalflut zurücktreten musste, Landesvorsitzender seiner Partei bleibe.

„Objektiv falsch“ sei das, schrieb Heike Raab, die Zuschauer würden in die Irre geführt, so etwas dürfe der SWR nicht senden – ihr Parteikollege Lewentz sei zurückgetreten, weil er die politische Verantwortung für in seinem Verantwortungsbereich gemachte Fehler übernommen habe. Die SWR-Funkhauschefin Fiebig wies die Kritik zurück.

Mit der Zuschreibung „objektiv falsch“ macht Heike Raab deutlich, wie sich die Landesregierung mit Blick auf die mehr als 134 Toten der Ahrtalkatastrophe im Juli 2021 verhielt und verhält – nämlich so, als habe sie damit nichts zu tun gehabt. Dass es bei der Katastrophenabwehr Versagen auf allen Ebenen gab, nicht nur auf der lokalen, hat der Untersuchungsausschuss im Landtag aber deutlich herausgearbeitet.

Und das „Jedermannrecht“ auf Kritik hat Heike Raab in diesem Fall unter ihrem Briefkopf als „Bevollmächtigte des Landes Rheinland-Pfalz beim Bund und für Europa“ verfasst. Ist das der Briefkopf von „jedermann“? Heike Raab beendet ihr Schreiben, das in Kopie an Roger Lewentz ging, damit, dass sie „mit großem Interesse“ die Antwort der Funkhauschefin Fiebig erwarte. Sie werde dann entscheiden, „ob wir auch noch im Programmausschuss sprechen sollten“.

„Wir“? Das klingt kumpelinnenhaft, hat vielleicht auch damit zu tun, dass Raab beim SWR stellvertretende Verwaltungsratsvorsitzende, stellvertretende Chefin des Finanzausschusses, Mitglied des Landesrundfunkrats Rheinland-Pfalz und des Programmausschusses ist. Ein „Jedermann“ ist sie im SWR also nicht.

Sie sei „unbelehrbar“, sagte der CDU-Landesvorsitzende und Abgeordnete Christian Baldauf. Die CDU fordert Raabs Rücktritt, Koalitionsabgeordnete (rot, grün, gelb) halten das für viel Lärm um nichts. Doch man muss sich schon ziemlich dumm stellen, will man in dem Brief keine Drohung erkennen, wie sie der zurückgetretene Minister und amtierende SPD-Landeschef Lewentz dem SWR-Korrespondenten Link in der Landespressekonferenz direkt aussprach.

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Die „Unabhängigkeit der Medien“ sei für sie „ein hohes Gut“, sagte Heike Raab im medienpolitischen Ausschuss. Dass sich Unabhängigkeit gerade in zulässiger Kritik und in Distanz zu politischen Akteuren beweist, scheint man in der Mainzer Staatskanzlei nicht zu wissen. Der SWR täte als öffentlich-rechtlicher Sender gut daran, journalistische Unabhängigkeit nicht nur bei dieser Gelegenheit unter Beweis zu stellen.

QOSHE - Jedermannrecht? - Michael Hanfeld
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Jedermannrecht?

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18.11.2023

Die rheinland-pfälzische Staats­sekretärin Heike Raab (SPD) hat ihre Intervention beim Südwestrundfunk vor dem Medienausschuss des Landtags am Donnerstag verteidigt. Sie stehe voll und ganz zu ihren Aussagen, sagte sie. Um den Versuch politischer Einflussnahme sei es nicht gegangen, sie habe das „Jedermannrecht“ in Anspruch genommen, Kritik am Programm zu üben.

Zur Erinnerung: Raab hatte sich an die Chefin des Landesfunkhauses in Mainz, Ulla Fiebig, gewendet und über den SWR-Korrespondenten Georg Link beschwert. Link hatte in einer Sendung dem Sinn nach gesagt, es sei wohl bundesweit einmalig, dass jemand wie der ehemalige Innenminister Roger Lewentz, der als Minister wegen seiner Verantwortung für die Toten der Ahrtalflut zurücktreten musste, Landesvorsitzender seiner Partei bleibe.

„Objektiv falsch“ sei das, schrieb........

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