Beim Geld hört manchmal nicht nur die Freundschaft auf, sondern auch die Koalition. Diesen Eindruck muss man haben nach Wochen des mühsamsten Hin und Hers über das Zahlenwerk der Nation. Es hat sich gezeigt, dass Haushaltsfragen eben auch Charakterfragen sind, und da hat die Koalition insgesamt schlecht abgeschnitten.

Es fing damit an, dass man Kreditermächtigungen aus der Corona-Zeit umwidmen wollte in andere schöne Projekte, was aber leider verfassungswidrig war. War es übersteigertes Selbstbewusstsein oder ein handwerklicher Fehler, dass man auf das Urteil aus Karlsruhe nicht vorbereitet war? Beide Antwortmöglichkeiten sind erschreckend.

Die kräftezehrenden Kürzungen, die man dann fand, ließen sich die Koalitionäre rasch wieder zum Teil ausreden und wegdemonstrieren. Zu unguter Letzt wird der Bundesrat erst mit Verspätung über die Beschlüsse befinden. Langsam wird es ulkig.

Koalitionsregierungen müssen immer aus unterschiedlichen Programmen ein gemeinsames Ganzes formen. Unterschiede sind nicht weiter schlimm, solange ein Kompromiss gefunden wird. Der Haushalt einer Regierung ist der in Zahlen gegossene Kompromiss. Insofern ist der verkorkste Etat-Findungsprozess ein Sinnbild für den Zustand der Ampelkoalition. Zu Recht wird die mangelnde Kommunikation des Kanzlers immer wieder kritisiert. Aber das sollte nicht von den Mängeln der Politik ablenken, um die es eigentlich geht.

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Ist da also noch etwas zu retten? Die drei Ampelparteien stehen jetzt vor einer entscheidenden Frage. Versuchen sie aus dem Tal, in dem sie alle drei stehen, noch einmal gemeinsam aufzusteigen? Oder beginnt schon bald der Wahlkampf aller gegen aller anderthalb Jahre vor der nächsten Bundestagswahl? Das kann man dem Land und seinen Bürgern nicht wünschen. Die Ampelparteien sind zum Weiterregieren verdammt. Vielleicht waren die Haushaltsverhandlungen der dafür notwendige Blick in den Abgrund.

QOSHE - Die Ampel schaut in den Abgrund - Mona Jaeger
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Die Ampel schaut in den Abgrund

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02.02.2024

Beim Geld hört manchmal nicht nur die Freundschaft auf, sondern auch die Koalition. Diesen Eindruck muss man haben nach Wochen des mühsamsten Hin und Hers über das Zahlenwerk der Nation. Es hat sich gezeigt, dass Haushaltsfragen eben auch Charakterfragen sind, und da hat die Koalition insgesamt schlecht abgeschnitten.

Es fing damit an, dass man Kreditermächtigungen aus der Corona-Zeit umwidmen wollte in andere schöne Projekte, was aber leider verfassungswidrig war. War es übersteigertes Selbstbewusstsein oder ein handwerklicher Fehler, dass man........

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