Nur Freunde hatte die Schuldenbremse nie, aber sie wurde doch auch von SPD und Grünen zumindest auf dem Papier respektiert, immerhin steht sie im Grundgesetz. Doch ausgerechnet jetzt, wo die Parteien der linken Mitte ihren Gesetzesbruch vom Bundesverfassungsgericht schwarz auf weiß haben, verbreitet sich ihre Botschaft auch im bürgerlichen Lager: Die Schuldenbremse sei angeblich vor allem eine Zukunftsbremse.

Diesen Begriff hat jetzt auch Kai Wegner übernommen, Regierender Bürgermeister von Berlin und CDU-Politiker. Die Ministerpräsidenten von Sachsen und Sachsen-Anhalt, ebenfalls CDU, äußern sich ähnlich. Die Bremse wird gelockert. Bisher geschah das nur mit Trick und Täuschung.

Immerzu wird betont, dass es nicht um die komplette Abschaffung der Schuldenbremse gehe, sondern um deren Anpassung. Und es ist nachvollziehbar, dass vor allem die ostdeutschen Ministerpräsidenten auf das üppige Geld des Bundes hoffen. Reiner Haseloff würde es eben gerne sehen, wenn die zehn Milliarden Euro wie versprochen an Intel zur Ansiedelung in Magdeburg fließen würden. Als deutliches Zeichen, dass der Staat etwas dafür tut, damit Deutschland ein attraktiver Industriestandort bleibt. Das ist schließlich auch der spitzeste Pfeil, den die ostdeutschen Wahlkämpfer noch im Köcher haben.

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Nur wird allzu leichtfertig Handlungsfähigkeit gleichgesetzt mit Geldausgeben. Das ist zwar nicht immer falsch, aber eben auch nicht immer richtig. Nämlich dann nicht, wenn dahinter kein Konzept steht, sondern es nur darum geht, mit Geld das im Koalitionstopf aufzufüllen, was an Konsens fehlt. Die Ampel wird jetzt bei den Ausgaben Prioritäten setzen und sparen müssen, sonst wird ihr das Bundesverfassungs­gericht jegliche Handlungsfähigkeit nehmen. Denn um den alten Fehler zu heilen, hat sie sich nun eine neue wackelige Begründung erdacht, um den aktuellen Haushalt noch zu retten. Wer sich immer nur von einer Notlage zu nächsten hangelt, knallt irgendwann auf den Boden.

QOSHE - Von einer Not in die nächste - Mona Jaeger
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Von einer Not in die nächste

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24.11.2023

Nur Freunde hatte die Schuldenbremse nie, aber sie wurde doch auch von SPD und Grünen zumindest auf dem Papier respektiert, immerhin steht sie im Grundgesetz. Doch ausgerechnet jetzt, wo die Parteien der linken Mitte ihren Gesetzesbruch vom Bundesverfassungsgericht schwarz auf weiß haben, verbreitet sich ihre Botschaft auch im bürgerlichen Lager: Die Schuldenbremse sei angeblich vor allem eine Zukunftsbremse.

Diesen Begriff hat jetzt auch Kai Wegner übernommen, Regierender Bürgermeister von Berlin und CDU-Politiker. Die Ministerpräsidenten von Sachsen........

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