Sollte in der Wiesbadener Fußgängerzone auch noch der zweite Galeria-Kaufhof-Standort schließen, wäre das mehr als nur ein herber Schlag für die Landeshauptstadt. Mancher Kommunalpolitiker spricht schon von einer drohenden Katastrophe für die City. Zu Recht, denn für die großen Verkaufsflächen der großen Kaufhäuser gibt es keinen Bedarf (mehr). Die Verknüpfung von Onlinehandel und stationärem Angebot erfordert deutlich weniger Verkaufsfläche in den Innenstädten als vor Jahrzehnten.

Wer aber übernimmt eine überflüssig gewordene Immobilie, die mit großem finanziellem Aufwand entkernt und für völlig andere Nutzungen und Bedürfnisse völlig neu geordnet werden muss? Die Umstrukturierung der Innenstädte wird eine Herkulesaufgabe. Einkaufsmöglichkeiten allein genügen nicht mehr, und der Nachteil gegenüber großen Einkaufszentren auf der grünen Wiese ist nicht mehr zu kompensieren.

Als Frequenzbringer der Zukunft gilt ein gut durchdachter Mix aus Wohnungen, Hotels, Gastronomie und Handel. Bis dahin ist es ein weiter Weg. Die verbreitete Sorge um die Zukunft der Fußgängerzonen als Herzkammer der Innenstädte ist auch Ausdruck der Hilflosigkeit in vielen Rathäusern. Denn die direkten Einflussmöglichkeiten sind jenseits des Baurechts höchst limitiert.

In nicht wenigen Fällen markanter Immobilien an prominenter Stelle kennt die Stadt nicht einmal den entscheidungsbefugten Ansprechpartner anonymer Immobilienfonds und diskreter Holding-Gesellschaften. Wo es dennoch gelingt, in Gespräche über die Zukunft dieser Immobilien einzutreten, gestalten sich diese langwierig und zäh.

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Einkaufsmeile in Wiesbaden : Was wird aus den Galeria-Standorten?

Bis auf wenige Ausnahmefälle verbietet sich schon aus ökonomischen Gründen ein direktes Eingreifen der Stadt in den Immobilienmarkt. Ein Erwerb, wie er in Wiesbaden zumindest im Fall der schon seit mehr als einem halben Jahr geschlossenen Kaufhof-Filiale möglich erscheint, kann nur dann infrage kommen, wenn daraus absehbar kein Millionengrab für den Steuerzahler wird.

Das wäre nur dann gesichert, wenn es einen neuen, langfristig orientierten und attraktiven Ankermieter für einen größeren Teil der Verkaufsfläche im Erdgeschoss gibt und wenn ein Umbau der Obergeschosse in Wohnungen, Büros und Praxen wirtschaftlich darstellbar ist. Die Zinsen und die Kosten der Abschreibung sind das Mindeste, was für die Stadt garantiert sein muss.

Auch wenn der politische Druck groß ist, etwas zu unternehmen: Wiesbaden muss angesichts der prekären Haushaltslage und der unausweichlich zu stemmenden Investitionen einen kühlen Kopf bewahren.

QOSHE - In der Katastrophe brauchen Kommunen einen kühlen Kopf - Oliver Bock
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In der Katastrophe brauchen Kommunen einen kühlen Kopf

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05.02.2024

Sollte in der Wiesbadener Fußgängerzone auch noch der zweite Galeria-Kaufhof-Standort schließen, wäre das mehr als nur ein herber Schlag für die Landeshauptstadt. Mancher Kommunalpolitiker spricht schon von einer drohenden Katastrophe für die City. Zu Recht, denn für die großen Verkaufsflächen der großen Kaufhäuser gibt es keinen Bedarf (mehr). Die Verknüpfung von Onlinehandel und stationärem Angebot erfordert deutlich weniger Verkaufsfläche in den Innenstädten als vor Jahrzehnten.

Wer aber übernimmt eine überflüssig gewordene Immobilie, die mit großem finanziellem Aufwand entkernt und für völlig andere Nutzungen und Bedürfnisse völlig neu........

© Frankfurter Allgemeine


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