Bisweilen hat es den Anschein, als würde es der Wiesbadener Verkehrsdezernent Andreas Kowol (Die Grünen) geradezu genießen, die Verantwortung für alles zugewiesen zu bekommen, was den Verkehr regelmäßig zum Erliegen bringt. Der Opposition im Stadtparlament gibt Kowol jedenfalls eine dankbare Zielscheibe ab.

Gerecht ist diese Kritik nicht immer. Kowol hat weder die Salzbachtalbrücke sabotiert noch das Straßennetz so weit verkommen lassen, dass jährlich 5000 Baustellen den Verkehrsfluss in der Landeshauptstadt lähmen. Er ist nicht dafür verantwortlich, dass die Wiesbadener partout keine Straßenbahn wollen und für die Hälfte aller Wegstrecken ihr Auto nutzen. Es ist ihm auch schwerlich anzulasten, dass das 30 Millionen Euro teure System der digitalen Verkehrssteuerung bislang weit hinter allen Erwartungen zurückbleibt.

Als Aufsichtsratschef von Eswe Verkehr hätte Kowol aber genau hinsehen müssen, um die Missstände und Fehlentwicklungen früher zu erkennen und gegenzusteuern. Und einige von Kowols Entscheidungen zur Verkehrslenkung – beispielsweise die alle Autofahrer nervenden Pförtnerampeln – dürfen nachdrücklich und kritisch hinterfragt werden.

Nun also ein verschärftes Tempolimit. Der Zeitpunkt, den Kowol für sein Konzept gewählt hat, ist denkbar unglücklich. Es wäre angezeigt gewesen, die Wiesbadener nach der Teilfreigabe der Salzbachtalbrücke durchatmen und die zurückgewonnene Mobilität genießen zu lassen. Es hätte nichts dagegen gesprochen, mit weiteren Verkehrseinschränkungen bis zur Eröffnung der Nordbrücke im Sommer 2025 zu warten.

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Stattdessen munitioniert Kowol seine Gegner unnötig auf. Die Zahlen zeigen, dass die besonders lärmgeplagten Anwohner hochbelasteter Straßen kaum eine Erleichterung bemerken werden, wenn die Stadt alle Schilder aufgestellt hat. Die Lärmminderung gerade an den Tempo-40- Straßen ist kaum der Rede wert. Kowol verspricht, die City bleibe mit dem Auto dennoch erreichbar. Vielen Bürgern fehlt aber der Glaube. Und Kowol tut viel zu wenig, sie auf seine Seite ziehen.

QOSHE - Von mehr Lärmschutz werden die Bürger nicht viel spüren - Oliver Bock
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Von mehr Lärmschutz werden die Bürger nicht viel spüren

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30.12.2023

Bisweilen hat es den Anschein, als würde es der Wiesbadener Verkehrsdezernent Andreas Kowol (Die Grünen) geradezu genießen, die Verantwortung für alles zugewiesen zu bekommen, was den Verkehr regelmäßig zum Erliegen bringt. Der Opposition im Stadtparlament gibt Kowol jedenfalls eine dankbare Zielscheibe ab.

Gerecht ist diese Kritik nicht immer. Kowol hat weder die Salzbachtalbrücke sabotiert noch das Straßennetz so weit verkommen lassen, dass jährlich 5000 Baustellen den Verkehrsfluss in der Landeshauptstadt lähmen.........

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