Der thüringische CDU-Vorsitzende und Spitzenkandidat Mario Voigt will Björn Höcke am 11. April zur Rede stellen – in einem Fernsehduell auf dem unbedeutenden Kanal „Welt TV“. Er sei überzeugt, dass es lohne, „die harte inhaltliche Auseinandersetzung“ mit dem Thüringer AfD-Vorsitzenden zu suchen, sagte Voigt der F.A.Z. Wohlgemerkt: mit einem Rechtsextremen, den man einen Faschisten nennen darf.

Offenkundig glaubt Voigt, Höcke entlarven zu können – etwa, wenn dieser erklären müsste, welche katastrophalen Folgen die AfD-Pläne für einen deutschen EU-Ausstieg hätten. Nach dem Motto: Wenn sie erst merken, wie groß die inhaltliche Leere hinter Höckes Extremismus ist, werden manche AfD-Anhänger schon aufwachen. Doch diese Hoffnung ist ein Trugschluss, weil sie eine Rationalität unterstellt, von der sich viele AfD-Wähler längst verabschiedet haben.

Wer Björn Höcke für einen rechtschaffenen Politiker hält und seine Hetze für zulässige Kritik, der hat mit dieser Demokratie schon abgeschlossen. Das gilt auch für jene, die Höcke zwar nicht gutheißen, ihn aber achselzuckend in Kauf nehmen. Auch unter ihnen sind viele, denen es längst egal ist, ob dieser Staat sich noch um sie bemüht oder nicht; ob er die Migrationsfrage „löst“ oder mehr Kindergeld zahlt: Sie glauben ihm ohnehin nichts mehr.

Wie fruchtlos es ist, solcher Irrationalität rational begegnen zu wollen, zeigt das Beispiel Donald Trump. Der ist in Debatten ein Meister der asymmetrischen Kriegsführung, weil er mit seinen Lügen und Halbwahrheiten jede sachliche Auseinandersetzung aushebelt. Doch wenn Fakten immer wieder geleugnet werden und selbst auf offenkundige Tatsachen nur die nächste Lüge folgt, dann zählt nicht mehr das Argument, sondern nur noch der Affekt: Je dreister (und simpler) die Lüge des Populisten und je drängender das Beharren der Gegenseite auf Rationalität, desto mehr fühlen sich jene bestätigt, die sich im Kampf gegen das „System“ wähnen, das die Sprache „des Volks“ verlernt habe. Nicht Selbsterkenntnis ist die Folge, sondern nur neue Selbstvergewisserung gegen „die da oben“.

Kann man Höcke dann nicht anders entlarven? Indem man ihm seine rechtsextremistischen Sprüche entlockt, auf dass die AfD-Anhänger erschrocken von ihm ablassen? Wer sich zumindest das vom Duell erhofft, ist naiv. Höcke jedenfalls ist es nicht; er weiß, wann er offen hetzen kann und wann nicht. Er wird nicht wieder vom „afrikanischen Ausbreitungstyp“ sprechen und auch sonst kein NS-Vokabular verwenden, mit dem er in seinen Reden vor Anhängern gern spielt.

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Aber er wird mutmaßlich den Staat verächtlich machen, Misstrauen gegen seine Vertreter schüren und mit simplen Sätzen polemisieren, die bei vielen Zuschauern mehr verfangen als Sachargumente. Und danach wird die AfD das Duell auf Tiktok so lange genüsslich ausweiden, bis kein Zusammenhang mehr übrig ist, sondern nur noch spalterische Demagogie.

Es stimmt: AfD-Wähler pauschal abzuschreiben wäre fatal. Mit gemäßigten AfD-Leuten und ihren Anhängern, die noch erreichbar sind für diesen Staat und seine Argumente, soll man deshalb reden. Mit rechtsradikalen Verfassungsfeinden wie Höcke aber nicht. Weil sie einem jedes Wort im Mund herumdrehen und als Hetze wieder ausspucken. Auch da muss die „Brandmauer“ stehen.

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Mit Höcke sollte kein Demokrat reden

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09.03.2024

Der thüringische CDU-Vorsitzende und Spitzenkandidat Mario Voigt will Björn Höcke am 11. April zur Rede stellen – in einem Fernsehduell auf dem unbedeutenden Kanal „Welt TV“. Er sei überzeugt, dass es lohne, „die harte inhaltliche Auseinandersetzung“ mit dem Thüringer AfD-Vorsitzenden zu suchen, sagte Voigt der F.A.Z. Wohlgemerkt: mit einem Rechtsextremen, den man einen Faschisten nennen darf.

Offenkundig glaubt Voigt, Höcke entlarven zu können – etwa, wenn dieser erklären müsste, welche katastrophalen Folgen die AfD-Pläne für einen deutschen EU-Ausstieg hätten. Nach dem Motto: Wenn sie erst merken, wie groß die inhaltliche Leere hinter Höckes Extremismus ist, werden manche AfD-Anhänger schon aufwachen. Doch diese Hoffnung ist ein Trugschluss, weil sie eine Rationalität unterstellt, von der sich viele AfD-Wähler längst verabschiedet haben.

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