Das Gute an Xi Jinping ist, dass der chinesische Staats- und Parteichef sehr berechenbar agiert. Das Problem mit Xi Jinping ist allerdings, dass er die Interessen Chinas in einer Weise definiert, die vielen seiner schönen Worte eklatant widerspricht. Die von Russland durch den Überfall auf die ­Ukraine verursachte Gefährdung der Friedensordnung in Europa ist für den auf „Stabilität“ fixierten Xi einerseits ein Ärgernis, weil Wladimir Putin Regeln des Völkerrechts, die Xi gerne im Munde führt, mit Füßen tritt.

Andererseits sieht der chinesische Führer aber, dass Putins Krieg gegen die Ukraine Ressourcen westlicher Staaten bindet, die diese dann nicht in Gegenden einsetzen können, in denen ihre Interessen mit denen Chinas kollidieren.

China darf sich bislang zu den Gewinnern des Krieges gegen die ­Ukraine zählen. Deshalb war nicht überraschend, dass Xi Jinping gegenüber Bundeskanzler Olaf Scholz zwar eine friedliche Lösung befürwortete und sich sogar in allgemeinen Worten positiv über eine in der Schweiz geplante Friedenskonferenz äußerte, aber nach wie vor nicht bereit ist, die Ursache des Übels beim Namen zu nennen oder Putin gar in den Arm zu fallen. Eine scheinbar unabhängige russische Kolonie „Ukraine“ wäre eine „friedliche Lösung“, die China gefallen könnte. Da Russland sich de facto zu einer Rohstoffkolonie Chinas entwickelt hat, bedeutete dies letztlich eine Erweiterung der eigenen Einflusssphäre.

Deshalb wird man Xi Jinping schwer von diesem Weg abbringen können. Zwar hat er die jetzige Wirtschaftskrise seines Landes selbst herbeigeführt. Bekenntnisse zum freien Handel kommen ihm deshalb locker über die Lippen. Nur bedeutet Ablehnung von Protektionismus für Xi nicht zwangsläufig das, was andere darunter verstehen. Trotzdem ist es richtig, zumindest zu versuchen, dem Machthaber klarzumachen, dass er und sein Land besser dran wären, wenn sie mit dem Westen kooperierten – und nicht im Zweifel alles befürworten, was diesem schadet.

QOSHE - Wenn etwas dem Westen schadet, ist er dafür - Peter Sturm
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Wenn etwas dem Westen schadet, ist er dafür

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17.04.2024

Das Gute an Xi Jinping ist, dass der chinesische Staats- und Parteichef sehr berechenbar agiert. Das Problem mit Xi Jinping ist allerdings, dass er die Interessen Chinas in einer Weise definiert, die vielen seiner schönen Worte eklatant widerspricht. Die von Russland durch den Überfall auf die ­Ukraine verursachte Gefährdung der Friedensordnung in Europa ist für den auf „Stabilität“ fixierten Xi einerseits ein Ärgernis, weil Wladimir Putin Regeln des Völkerrechts, die Xi gerne im Munde........

© Frankfurter Allgemeine


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