Bürgermeister der Standorte und Beschäftigte der zehn noch bestehenden Galeria-Häuser in Hessen können erst einmal aufatmen. Seit Samstag steht fest: Die Filialen bleiben von den Schließungsplänen des insolventen Konzerns verschont. Offenbar waren die Eigentümer bereit, weitere Zugeständnisse bei der Miete zu machen – denn das war eine der Hauptvoraussetzungen für die Fortführung der Filialen. Anders als in Mainz, das mit dem ehemaligen Kaufhof das letzte Warenhaus in der Innenstadt verlieren wird. Das Haus gehört dem Signa-Konzern, der selbst in der Insolvenz steckt.

Einen Grund, jetzt die Sektkorken knallen zu lassen, gibt es aber auch in Hessen nicht. Wenngleich hier Standorte wie Bad Homburg, das Main-Taunus-Zentrum bei Sulzbach und auch die Frankfurter Hauptwache, wo das vor einigen Jahren für viele Millionen Euro umgebaute Galeria-Vorzeigehaus steht, zu denen gezählt werden dürften, die profitabel sind.

Grundsätzlich ist weiterhin Skepsis angebracht. Die Investoren, die jetzt die Warenhausgruppe übernehmen wollen, haben sich zwar zur „Liebe zum Kaufhaus“ und zum „Glauben an die Zukunft der Warenhäuser“ bekannt. Doch noch ist unklar, mit welchem Konzept sie die Filialen wieder auf die Erfolgsspur bringen wollen und ob sie bereit sind, dafür Geld in die Hand zu nehmen.

Einer der Investoren, der US-Milliardär Richard Baker, war mit seiner Hudson’s Bay Company schon einmal Chef bei der Galeria-Tochter Kaufhof. Doch die gewünschte Stabilisierung gelang damals nicht, er zog sich nach drei Jahren zurück, Kaufhof und Karstadt wurden unter Signa fusioniert. Warum sollte der Neuanfang jetzt gelingen? Kritische Galeria-Beobachter halten allenfalls 20 Filialen für überlebensfähig.

Es gibt also wenig Grund, sich zurücklehnen. Eigentümer und Stadtplaner müssten in eine ganz neue Richtung denken mit weniger Einzelhandelsflächen in Einkaufsstraßen, die angesichts des zunehmenden Onlinehandels ohnehin niemand mehr braucht, hin zu alternativen Nutzungen.

Dabei sollte man nicht nur die Gastronomie im Auge haben, die vielerorts schon überhandnimmt, und auch das Thema Büro nicht überstrapazieren. Gebraucht wird indes Platz für Wohnungen, Schulen, Freizeiteinrichtungen. Von Einzelhandel weniger, aber von solchen Beimischungen mehr – das ist der richtige Ansatz, um Innenstädte wieder interessanter und lebendiger zu machen.

QOSHE - Kein Grund zum Zurücklehnen - Petra Kirchhoff
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Kein Grund zum Zurücklehnen

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29.04.2024

Bürgermeister der Standorte und Beschäftigte der zehn noch bestehenden Galeria-Häuser in Hessen können erst einmal aufatmen. Seit Samstag steht fest: Die Filialen bleiben von den Schließungsplänen des insolventen Konzerns verschont. Offenbar waren die Eigentümer bereit, weitere Zugeständnisse bei der Miete zu machen – denn das war eine der Hauptvoraussetzungen für die Fortführung der Filialen. Anders als in Mainz, das mit dem ehemaligen Kaufhof das letzte Warenhaus in der Innenstadt verlieren wird. Das Haus gehört dem Signa-Konzern, der selbst in der Insolvenz........

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