In der Welt der Weisheiten über den Fußball nimmt der Elfmeter eine besondere Rolle ein. Die Kölner Sportwissenschaftler Daniel Memmert und Benjamin Noël haben vor ein paar Jahren sogar ein Buch geschrieben, das sich ausschließlich mit dem „Mythos Strafstoß“ beschäftigt. Mit vermeintlichen Gewissheiten von Generationen an Spielern und Trainern, jener zum Beispiel, dass der gefoulte Spieler nicht selbst schießen sollte. Aber auch mit Fragen, wie sich etwa der Anlaufwinkel des Schützen oder das Verhalten des Torwarts vor dem Schuss auf die Trefferquote auswirkt.

Am Dienstagabend, im ersten Viertelfinale des diesjährigen DFB-Pokalwettbewerbs spielten Elfmeter mal wieder eine zentrale Rolle. Zwei Stück, einen für Düsseldorf, einen für St. Pauli, gab es bereits in der regulären Spielzeit, Endstand 1:1. Und weil die Hamburger in der letzten Minute der Verlängerung eine Düsseldorfer 2:1-Führung ausglichen, fiel die Entscheidung anschließend im Showdown vom Punkt.

„Wer in der 120. Minute stirbt, stirbt normalerweise auch im Elfmeterschießen“, glaubte auch Düsseldorfs Trainer Daniel Thioune eine dieser Weisheiten über Strafstöße zu kennen. Und sah dann doch, wie sein Spieler Christos Tzolis mit einem lässig in die Tormitte gelupften Treffer, dem sogenannten „Panenka“, die Partie entschied. Das allerdings gefiel Thioune gar nicht. „Völlig unangemessen“, fand er die Art und Weise, wie Tziolis den gegnerischen Torhüter verladen hatte. „Ich bin kein Freund davon. Ich finde auch, dass das nicht respektvoll dem Gegner gegenüber ist“, sagte er.

Zwar gab auch Thioune zu, dass er im Grunde keinen Grund habe, mit Tziolis „zu schimpfen“ („Wer trifft, hat recht“). Doch im uralten Streit, ob der Zweck die Mittel heiligt oder ob im Sport auch höhere, aber ungeschriebene Gesetze gelten, hatte er sich damit eindeutig positioniert. Vergleichbare Debatten gibt es auch in anderen Sportarten.

Im Tennis ist der Aufschlag von unten Ausgangspunkt für viele Kontroversen. Die einen halten ihn für eine legitime Taktik gegen extrem tiefstehende Returnspieler. Die anderen für ein Mittel zur Provokation, gar zur Verhöhnung des Gegners. Auch im Handball ist der über den Torhüter gelupfte Siebenmeter manchen ein Dorn im Auge.

St. Paulis Marcel Hartel trat am Dienstagabend übrigens gleich dreimal zum Elfmeter an. In der 60. Spielminute schoss er nach links unten, im Elfmeterschießen halbhoch in die Mitte, und als der Elfmeter wiederholt werden musste, in die rechte untere Ecke.

Mehr zum Thema

1/

„Völlig unangemessen“ : Düsseldorf-Trainer sauer nach Sieg im Elfmeterschießen

Abschied aus Liverpool : Jeder wünscht sich einen wie Klopp

Nach Elfmeterschießen : Fortuna Düsseldorf bezwingt FC St. Pauli

Die letzten beiden Elfmeter hat Fortuna-Keeper Florian Kastenmeier jeweils gehalten. Zum Schluss deshalb noch einmal eine Weisheit: Die besten Elfmeter sind die, die drin sind. Respektlos ist daran gar nichts.

QOSHE - Hauptsache, der Ball ist drin - Pirmin Clossé
menu_open
Columnists Actual . Favourites . Archive
We use cookies to provide some features and experiences in QOSHE

More information  .  Close
Aa Aa Aa
- A +

Hauptsache, der Ball ist drin

44 0
31.01.2024

In der Welt der Weisheiten über den Fußball nimmt der Elfmeter eine besondere Rolle ein. Die Kölner Sportwissenschaftler Daniel Memmert und Benjamin Noël haben vor ein paar Jahren sogar ein Buch geschrieben, das sich ausschließlich mit dem „Mythos Strafstoß“ beschäftigt. Mit vermeintlichen Gewissheiten von Generationen an Spielern und Trainern, jener zum Beispiel, dass der gefoulte Spieler nicht selbst schießen sollte. Aber auch mit Fragen, wie sich etwa der Anlaufwinkel des Schützen oder das Verhalten des Torwarts vor dem Schuss auf die Trefferquote auswirkt.

Am Dienstagabend, im ersten Viertelfinale des diesjährigen DFB-Pokalwettbewerbs spielten Elfmeter mal wieder eine zentrale Rolle. Zwei Stück, einen für Düsseldorf,........

© Frankfurter Allgemeine


Get it on Google Play