Was war das wieder für ein Sport-Wochenende! Der Schwede Armand Duplantis überspringt beim Stabhochsprung 6,24 Meter. Rekord! Die Kenianerin Peres Jepchirchir läuft einen Marathon in 2:16:16 Stunden. Rekord! Die Golferin Nelly Korda gewinnt das fünfte Turnier nacheinander. Rekord! Und Bayer Leverkusen verhindert auch im 45. Saisonspiel eine Niederlage. Rekord!

So funktioniert das eben in der modernen Aufmerksamkeitsindustrie. Höher, schneller, stärker. Nur wer Bestmarken aufstellt, wird wahrgenommen. Und wenn es gerade keine Bestmarke gibt, dann wird man eben kreativ. Ein TV-Reporter wies Thomas Müller am Wochenende darauf hin, dass er im Laufe seiner Karriere nun an jedem der 34 Bundesliga-Spieltage mindestens ein Tor geschossen hat. Rekord! Müller reagierte treffend. Das sei ihm natürlich „unglaublich wichtig“, kommentierte er ironisch.

Also alles Quatsch mit den Rekorden? Nun, ganz so kann man das auch nicht sagen. Es kommt schließlich auf den Rekord an. Auch wenn Sportlerinnen und Sportler gerne behaupten, dass ihnen persönliche Bestmarken nichts bedeuten, gibt es solche, die das doch tun. Der Tennisspieler Novak Djokovic gibt zum Beispiel erfreulich ehrlich zu, wie sehr ihn die Aussicht, mehr Grand-Slam-Titel zu gewinnen als seine Rivalen Roger Federer und Rafael Nadal, stets motiviert hat.

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Auch beim Spiel zwischen Borussia Dortmund und Bayer Leverkusen war in der Schlussphase zu sehen, was die richtige Bestmarke zur richtigen Zeit bewirken kann. Die Meisterschaft ist Leverkusen nicht mehr zu nehmen. Es geht also nur noch darum, ungeschlagen zu bleiben.

Die Aussicht darauf treibt die Mannschaft derart an, dass die späten Comebacks längst zu zahlreich sind, um noch als Glück oder Zufall durchzugehen. Der 1:1-Ausgleich in der siebten Minute der Nachspielzeit wurde bejubelt, als wäre es einer der wichtigsten Treffer der ganzen Saison.

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Bayers Spielern geht es offenkundig darum, diese Spielzeit noch mit einem weiteren Ausrufezeichen zu versehen. Als wären die erste Meisterschaft der Vereinsgeschichte und die weiteren möglichen Titel in DFB-Pokal und Europa League nicht genug.

Der FC Arsenal ist in der englischen Premier League 2003/04 mal eine ganze Saison ohne Niederlage geblieben. Als die „Invincibles“, die Unbesiegbaren, sind sie Fans noch heute ein Begriff. Für Bayer Leverkusen ist das die Referenzgröße. Denn ein echter Mythos ist eben noch mal ein bisschen mehr wert als bloß der nächste Rekord.

QOSHE - Leverkusen auf dem Weg zum Mythos - Pirmin Clossé
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Leverkusen auf dem Weg zum Mythos

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22.04.2024

Was war das wieder für ein Sport-Wochenende! Der Schwede Armand Duplantis überspringt beim Stabhochsprung 6,24 Meter. Rekord! Die Kenianerin Peres Jepchirchir läuft einen Marathon in 2:16:16 Stunden. Rekord! Die Golferin Nelly Korda gewinnt das fünfte Turnier nacheinander. Rekord! Und Bayer Leverkusen verhindert auch im 45. Saisonspiel eine Niederlage. Rekord!

So funktioniert das eben in der modernen Aufmerksamkeitsindustrie. Höher, schneller, stärker. Nur wer Bestmarken aufstellt, wird wahrgenommen. Und wenn es gerade keine Bestmarke gibt, dann wird man eben kreativ. Ein TV-Reporter wies Thomas Müller am Wochenende darauf hin, dass er im Laufe seiner Karriere nun an jedem der 34........

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