Das vor einem Jahr eingeführte Deutschlandticket ist ein Verkaufsschlager. Elf Millionen Exemplare werden inzwischen monatlich geordert. Dennoch sind die Einnahmen der Verkehrsbetriebe gesunken. Je 1,5 Milliarden Euro müssen Bund und Länder jährlich bereitstellen, um die Verluste auszugleichen, die durch die im Vergleich zu früheren Angeboten günstigere Pauschalfahrkarte entstehen. Geld, das im Interesse des öffentlichen Nahverkehrs, der Verkehrswende und der Umwelt sinnvoller ausgegeben werden könnte.

Denn die Finanzierung des öffentlichen Nahverkehrs steht ohnehin schon auf tönernen Füßen. Das vorhandene Geld reicht nicht einmal, um das derzeitige Angebot längerfristig zu garantieren, von einem Ausbau der Strecken, mehr Verlässlichkeit und Komfort ganz zu schweigen. Angesichts rasant steigender Lohn-, Energie- und Materialkosten und zunehmend geringerer öffentlicher Mittel werden in manchen Ländern künftig möglicherweise sogar eher weniger als mehr Regionalbahnen verkehren.

Die Länder fordern mehr Geld vom Bund, in Berlin wiederum sieht man die Länder in der Pflicht. Am Ende stehen alle gemeinsam in der Verantwortung, aber allen gemeinsam ist auch die Erkenntnis: Es mangelt an allen Ecken und Enden am Geld. Das Deutschlandticket ist ein Angebot auf Abruf ohne längerfristige Garantie, und wie lange es noch für 49 Euro im Monat angeboten werden kann, steht in den Sternen.

Womit wir wieder am Anfang sind. Die drei Milliarden Euro Steuergeld, die jedes Jahr für das 49-Euro-Ticket fällig sind, könnten stattdessen für den Ausbau der Infrastruktur im öffentlichen Nahverkehr genutzt werden, für zusätzliche Strecken und modernere Fahrzeuge. Finanzpolitisch, aber auch mit Blick auf die Umwelt war die Einführung des Deutschlandtickets ein Fehler.

Die Zahl derer, die durch das neue Ticket zum Umsteigen vom Auto auf öffentliche Verkehrsmittel animiert wurden, hält sich jedenfalls in engen – kaum zu beziffernden – Grenzen. Ja, vieles spricht für mehr Pauschalpreise bei der Nutzung von Bussen und Bahnen. Aber Billigangebote tragen nicht zur Weiterentwicklung des ÖPNV bei. Im Gegenteil: Sie behindern sie.

QOSHE - Fehlgeleitete Milliarden - Ralf Euler
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Fehlgeleitete Milliarden

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22.04.2024

Das vor einem Jahr eingeführte Deutschlandticket ist ein Verkaufsschlager. Elf Millionen Exemplare werden inzwischen monatlich geordert. Dennoch sind die Einnahmen der Verkehrsbetriebe gesunken. Je 1,5 Milliarden Euro müssen Bund und Länder jährlich bereitstellen, um die Verluste auszugleichen, die durch die im Vergleich zu früheren Angeboten günstigere Pauschalfahrkarte entstehen. Geld, das im Interesse des öffentlichen Nahverkehrs, der Verkehrswende und der Umwelt sinnvoller ausgegeben werden könnte.

Denn die Finanzierung des........

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