Wer in Köln oder Umgebung wohnt und sich für das alte Ägypten interessiert, kann sich auf den Sommer freuen. Vom 13. Juli an wird dort im Museum Odysseum eine Ausstellung zu sehen sein, die zuvor unter anderem in Sydney und Paris gastierte und unter deren 180 Exponaten sich auch das Stück mit der Inventarnummer Cairo CG 610202 befindet. Es handelt sich dabei um einen Sarkophag, der zu dem Schönsten gehört, das jemals für einen ägyptischen Herrscher angefertigt wurde und uns erhalten geblieben ist. Künstlerisch braucht er den Vergleich mit den Särgen Tutanchamuns keineswegs zu scheuen.

Nur, der Kunst trauten die Ausstellungsmacher offenbar weniger. Sie gaben ihrer Show den Titel „Ramses & das Gold der Pharaonen“, obwohl an jenem Sarg kein Gold zu sehen ist, nur Zedernholz, und das feine Gesicht auf dem Sargdeckel ziemlich sicher nicht das Ramses’ II. ist, des am längsten regierenden Herrschers des altägyptischen Neuen Reiches. Auch von den anderen Stücken der Ausstellung ist keines den Beigaben zuzuordnen, mit denen man 1213 vor Christus die Mumie dieses Pharaos in seinem Felsengrab im Tal der Könige einmauerte – einfach deswegen, weil dieses Grab keine 140 Jahre später wieder ausgeräumt wurde. Mit Ausnahme seiner Mumie ist so gut wie nichts – und erst recht nichts Goldenes – auf uns gekommen, was nachweislich zur Bestattung Ramses’ II. gehört.

Nun wird in der Ausstellung auch pharaonisches Gold gezeigt, etwa eine vergoldete Mumienmaske, die allerdings 1939 im Grab des Amen­emope in Tanis im Nildelta gefunden wurde und nicht einmal etwas mit der Epoche von Ramses II. zu tun hat – Amenemope regierte im frühen 10. Jahrhundert vor Christus. Dabei ließe sich anhand von Cairo CG 610202 sehr wohl eine gute Geschichte zum Thema Gold und Macht erzählen, sogar eine, in der Ramses II. vorkommt. Denn wenn etwa die Website der Ausstellung den Sarg als den des Ramses II. vorstellt, dann ist das irreführend, aber nicht ganz falsch.

Tatsächlich hat seine Mumie fast dreitausend Jahre darin verbracht. Allerdings war zunächst ein anderer Pharao darin bestattet worden, nach Auffassung von Ägyptologen wie dem Briten Nicholas Reeves, der das in einer 2017 erschienenen Arbeit näher untersucht hat, war es Haremhab, der Vorgänger des Großvaters des großen Ramses. Beide waren, wie vermutlich die meisten anderen royalen Leichname im Tal der Könige, im 11. Jahrhundert vor Christus aus ihren Särgen geholt worden, die sodann ihre Edelmetallbeschläge verloren, während man die Mumien recht unsanft von ihren Wertsachen trenne und in die entgoldeten Särge zurücklegte – nur im Allgemeinen nicht in ihre ursprünglichen.

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Das Ganze war aber keineswegs das Werk von Grabräubern, sondern geschah auf Anordnung des Herihor, eines Generals und Hohepriesters des Amun, der damals, in den Wirren am Ende des Neuen Reiches, in der Gegend um das Tal der Könige das Sagen hatte und dringend Gold brauchte. In Inschriften hat er das Vorgehen der Nachwelt dann als „wehem qeres“ (Erneuerung der Bestattung) verkaufen lassen. Auch das war schon irreführend, aber nicht ganz falsch.

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15.03.2024

Wer in Köln oder Umgebung wohnt und sich für das alte Ägypten interessiert, kann sich auf den Sommer freuen. Vom 13. Juli an wird dort im Museum Odysseum eine Ausstellung zu sehen sein, die zuvor unter anderem in Sydney und Paris gastierte und unter deren 180 Exponaten sich auch das Stück mit der Inventarnummer Cairo CG 610202 befindet. Es handelt sich dabei um einen Sarkophag, der zu dem Schönsten gehört, das jemals für einen ägyptischen Herrscher angefertigt wurde und uns erhalten geblieben ist. Künstlerisch braucht er den Vergleich mit den Särgen Tutanchamuns keineswegs zu scheuen.

Nur, der Kunst trauten die Ausstellungsmacher offenbar weniger. Sie gaben ihrer Show den Titel „Ramses & das Gold der Pharaonen“, obwohl an jenem Sarg kein Gold zu sehen ist, nur Zedernholz, und das feine Gesicht auf dem Sargdeckel........

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