Die FDP muss liefern – aber wie? Wie jeder Mensch, jede Partei und erst recht jeder Koalitionspartner sind auch die Liberalen nicht gänzlich frei. Sie sind aus freien Stücken Teil einer selbst ernannten „Fortschrittskoalition“ geworden und werden mit Argusaugen nicht nur von ihrer überschaubaren Stammwählerklientel beobachtet, sondern auch von einer größeren bürgerlichen Schar, die sich eine ganz andere Politik wünscht und in der FDP immer ein wichtiges Korrektiv gesehen hat.

Bis heute hängt den Freien Demokraten nach, dass sie sich auf „Jamaika“ nicht eingelassen und dass sie schon einmal eine Koalition mit der Union verlassen haben. Für beides gab es Gründe. Aber will die Partei jetzt auch noch diejenige sein, die noch nicht einmal eine Legislatur in dem selbst geschmiedeten „Bündnis für Freiheit, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit“ aushält? Freilich kann es auch dafür Gründe geben.

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Die Umstände sind gewiss besondere: Zeitenwende, wirtschaftlicher Niedergang, Absturz in den Umfragen. Man wird aber schwerlich behaupten können, jede andere Koalition hätte alles besser gemacht. Und gesellschaftspolitisch kann die FDP ein Häkchen nach dem anderen setzen. Hier allerdings weht ihr aus dem bürgerlichen Lager auch der meiste Wind entgegen.

Auf der FDP ruhen gleichwohl breite Hoffnungen nach einem Befreiungsschlag. Aber die Forderungen nach einer „Beschleunigung der Wirtschaftswende“ sind schon deshalb keine „Scheidungsurkunde“ für die Ampel, weil CSU-Chef Markus Söder das so sagt. Das ist aber ein deutliches Signal an die Anhänger wie an die Koalitionspartner, dass sich etwas tun muss – nicht nur für die FDP, sondern für das Land.

Es ist nicht besonders sozialdemokratisch, wenn man fürs Nichtstun ebenso viel oder sogar mehr bekommt als für harte Arbeit. Es ist nicht grün, wenn Deutschland den Bach her­untergeht. Es sind nicht unbedingt rote Linien, welche die FDP jetzt aufzeigt. Es ist ein Weckruf. Wenn ihn die Ampel nicht hört, dann mag sich spätestens der Wähler daran erinnern.

QOSHE - Weckruf für die Ampel - Reinhard Müller
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Weckruf für die Ampel

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22.04.2024

Die FDP muss liefern – aber wie? Wie jeder Mensch, jede Partei und erst recht jeder Koalitionspartner sind auch die Liberalen nicht gänzlich frei. Sie sind aus freien Stücken Teil einer selbst ernannten „Fortschrittskoalition“ geworden und werden mit Argusaugen nicht nur von ihrer überschaubaren Stammwählerklientel beobachtet, sondern auch von einer größeren bürgerlichen Schar, die sich eine ganz andere Politik wünscht und in der FDP immer ein wichtiges Korrektiv gesehen hat.

Bis heute hängt den Freien Demokraten nach, dass sie sich auf........

© Frankfurter Allgemeine


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