Hier steht die Zeitenwende noch aus: Wenn der Staat vor vielfältigen Herausforderungen steht und seine Kräfte bündeln muss, um äußeren und inneren Bedrohungen standzuhalten, dann ist die Konzentration auf das Wesentliche das Gebot der Stunde.

Manches steht dabei gar nicht im Belieben der Politik. So ist die Schuldenbremse schlicht geltendes Verfassungsrecht – ganz abgesehen davon, dass es sich für jede nachhaltig angehauchte Regierung von selbst verstehen sollte, künftigen Generationen noch Luft zum Atmen und Handeln zu lassen.

Luft braucht jetzt schon die arbeitende Bevölkerung. Also Freiheit von übermäßigen Lasten und die Gewähr, dass genug übrig bleibt. Auch hier ist der Staat in der Pflicht, denn Steuern und Abgaben dürfen keine erdrosselnde Wirkung haben.

Zudem ist es nicht nur ein Gebot des gesunden Menschenverstands und der Gerechtigkeit, sondern auch des Sozialstaats, dass sich niemand dauerhaft auf anderer Leute Arbeit ausruhen darf. Jeder muss nach seinen Kräften beitragen, vom derzeit Arbeitslosen bis zum steueroptimierten Milliardär. Sonst geht auch das sozialste System vor die Hunde.

Die Vorschläge der Union zur Abschaffung des Bürgergeldes (das sie selbst mit beschlossen hatte) sind deshalb kein Angriff auf den Sozialstaat, sondern der Versuch, sich auf sein Wesen zu besinnen.

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Auch kein Sozialdemokrat kann doch ernsthaft wollen, dass Arbeitsfähige von einem faktisch bedingungslosen Grundeinkommen dauerhaft gut versorgt werden. Schön blöd, wer sich da noch um eine Beschäftigung bemüht. Noch dümmer, wenn die Ampel hier nicht gegensteuert – und das im Angesicht von Hunderttausenden Flüchtlingen, von denen viele bleiben werden.

Auch hier muss gelten: Wer Schutz braucht, der wird geschützt. Wer Hilfe braucht, dem wird geholfen. Wer sich (wieder) selbst helfen kann, der muss nicht mehr von den anderen getragen werden. Darf man das überhaupt noch sagen? Die Ampel redet viel über staatliche Demokratieförderung. Und vergisst dabei, was das Gemeinwesen zusammenhält.

QOSHE - Wie der Sozialstaat vor die Hunde geht - Reinhard Müller
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Wie der Sozialstaat vor die Hunde geht

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18.03.2024

Hier steht die Zeitenwende noch aus: Wenn der Staat vor vielfältigen Herausforderungen steht und seine Kräfte bündeln muss, um äußeren und inneren Bedrohungen standzuhalten, dann ist die Konzentration auf das Wesentliche das Gebot der Stunde.

Manches steht dabei gar nicht im Belieben der Politik. So ist die Schuldenbremse schlicht geltendes Verfassungsrecht – ganz abgesehen davon, dass es sich für jede nachhaltig angehauchte Regierung von selbst verstehen sollte, künftigen Generationen noch Luft zum Atmen und Handeln zu........

© Frankfurter Allgemeine


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