Das Urteil im New Yorker Betrugsprozess ist wie eine schallende Ohrfeige für Donald Trump. Es ist mit einer üppigen Geldstrafe verbunden, es entreißt ihm Kontrolle über die Führung seines Unternehmens – und es enthält enorme Symbolik: Es greift das Selbstverständnis als unternehmerisches Ausnahmetalent an, das Trump seit jeher von sich kultiviert hat, zum Beispiel schon in den achtziger Jahren mit seinem prahlerischen Buch „Die Kunst des Erfolges“ („The Art of the Deal“ im Original). Der New Yorker Richter Arthur Engoron sagt nun im Kern, Trumps Erfolgsgeheimnis liege nicht in unternehmerischer Kunst, sondern in Schummeleien.

Ohne Zweifel ist das Urteil harsch, aber die Geschäftspraktiken des früheren US-Präsidenten, wie sie in dem Rechtsstreit beschrieben wurden, waren auch besonders dreist. Der zentrale Vorwurf gegen ihn lautet, er habe die Immobilien seines Unternehmens regelmäßig zu hoch bewertet, um sich günstige Konditionen für Kredite zu erschleichen, insbesondere von der Deutschen Bank.

Der Extremfall in der Klage ist sein Penthouse im New Yorker Trump Tower, das er als fast drei Mal so groß angegeben haben soll als es der Wirklichkeit entspricht. Allein mit diesem Beispiel wird das Argument von Trumps Anwälten pulverisiert, Bewertungen von Immobilien seien nun einmal subjektiv.

Trump hatte in dem Rechtsstreit durchaus einen Punkt, der einleuchten konnte: Er wies wiederholt darauf hin, dass niemand geschädigt worden sei und es somit keine Opfer gebe. In der Tat hat der Prozess deutlich gemacht, dass die Deutsche Bank gerne mit Trump im Geschäft war und sich auch nicht beklagt hat, von ihm übers Ohr gehauen worden zu sein.

Das aber spielt nach dem Gesetz des Bundesstaates New York, auf dessen Basis jetzt das Urteil gefallen ist, keine Rolle. Das Gesetz sieht eine Ahndung wiederholten Betrugs unabhängig davon vor, ob jemand einen konkreten Schaden davongetragen hat. Und dafür lassen sich auch gute Gründe anführen. Nur weil die Deutsche Bank sich nicht beschwert, heißt das nicht, dass es keine Opfer gibt. Denn wenn jemand sich durch Betrug niedrigere Zinsen für Kredite sichert, verzerrt das den Markt zuungunsten derjenigen, die ehrlich sind.

Richter Engoron hätte mit seinem Urteil noch weiter gehen können – es ist gut, dass er das nicht getan hat. Während des Rechtsstreits hat er erwogen, Trump die Geschäftslizenzen in New York zu entziehen und sein Unternehmen zu zerschlagen. Das wäre extrem und unverhältnismäßig gewesen. Und er hat am Ende davon Abstand genommen.

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Aber auch so ist das Urteil schmerzhaft für Trump. So sehr er sich seines Reichtums brüsten mag, könnte die verhängte Geldstrafe seine Liquidität erheblich beeinträchtigen. Und dies auch dann, wenn er in die Berufung geht – denn zunächst muss er eine Kaution vorstrecken. Das Unternehmen mag zwar nicht zerschlagen werden, aber der Richter schränkt Trumps Handlungsspielraum massiv ein. Es soll künftig unter strenger Beobachtung von zwei unabhängigen Aufsehern stehen. Über Trump und seine beiden Söhne wurde außerdem eine mehrjährige Sperre verhängt, die sie aus dem Top-Management des Unternehmens ausschließen würde. Das heißt, möglicherweise müsste Trumps Imperium von jemandem geführt werden, der nicht zur Familie gehört.

Anders als bei den vier strafrechtlichen Verfahren gegen ihn stand es in dem zivilrechtlichen Betrugsprozess in New York nicht zur Debatte, ob Trump ins Gefängnis muss. Dennoch schien ihn dieser Rechtsstreit besonders in Rage zu bringen, wie er mit seiner wiederholten Anwesenheit im Gerichtssaal unterstrich, die nicht notwendig gewesen wäre. Das Urteil macht nun deutlich, wie viel er hier zu verlieren hatte. Es tut ihm finanziell weh, legt ihm in seinem Unternehmen Fesseln an und macht die Legende zunichte, die er selbst so gerne von sich erzählt.

QOSHE - Das Ende der Trump-Legende - Roland Lindner, New York
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Das Ende der Trump-Legende

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17.02.2024

Das Urteil im New Yorker Betrugsprozess ist wie eine schallende Ohrfeige für Donald Trump. Es ist mit einer üppigen Geldstrafe verbunden, es entreißt ihm Kontrolle über die Führung seines Unternehmens – und es enthält enorme Symbolik: Es greift das Selbstverständnis als unternehmerisches Ausnahmetalent an, das Trump seit jeher von sich kultiviert hat, zum Beispiel schon in den achtziger Jahren mit seinem prahlerischen Buch „Die Kunst des Erfolges“ („The Art of the Deal“ im Original). Der New Yorker Richter Arthur Engoron sagt nun im Kern, Trumps Erfolgsgeheimnis liege nicht in unternehmerischer Kunst, sondern in Schummeleien.

Ohne Zweifel ist das Urteil harsch, aber die Geschäftspraktiken des früheren US-Präsidenten, wie sie in dem Rechtsstreit beschrieben wurden, waren auch besonders dreist. Der zentrale Vorwurf gegen ihn lautet, er habe die Immobilien seines Unternehmens regelmäßig zu hoch bewertet, um sich günstige Konditionen für Kredite zu erschleichen, insbesondere von der Deutschen........

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